Abmahnkosten

Die Kosten einer Abmahnung im Markenrecht, Wettbewerbsrecht, Geschmacksmusterrecht und Internetrecht

Gebühren für ein Abmahnschreiben

Grundfrage: Ist Abmahnung berechtigt?

Wer eine Abmahnung erhält, z.B eine Abmahnung wegen Markenrechtsverletzung, möchte wissen, ob er die darin berechneten Rechtanwaltsgebühren und eventuell auch eines Patentanwaltsgebühren bezahlen muss. Das hängt zuallererst davon ab, ob die Abmahnung berechtigt ist, also beispielsweise tatsächlich eine Markenrechtsverletzung vorlilegt. Für eine unberechtigte Abmahnung muss man keine Abmahnkosten bezahlen. Außerdem kann der zu unrecht Abgemahnte ohne Vorwarnung eine negative Feststellungsklage erheben. Er kann aber unter Umständen auch seine eigenen Rechtsanwaltskosten zur Abwehr der Abmahnung vom Abmahnenden erstattet verlangen.

Kein Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten in bestimmten Fällen

Verstöße gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten und von Kleinunternehmen

Das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs hat das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geändert: Bei Abmahnungen im Wettbewerbsrecht wegen Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien ("Internet") sind Abmahnkosten nicht zu erstatten. Auch bei Verstößen gegen die DSGVO oder das BDSG durch Klein- und Kleinstunternehmen sind keine Abmahnkosten zu erstatten.

Haben Sie Fragen zu einer strafbewehrten Unterlassungserklärung?

Ihr Ansprechpartner: Thomas Seifried, Rechtsanwalt und seit 2007 Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz, hat über 20 Jahre Erfahrung mit Abmahnungen und strafbewehrten Unterlassungserklärungen.

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns.

Wir melden uns umgehend

0800 8765544

(gebührenfrei aus dem deutschen Festnetz)

info@seifried.pro

►     Über unser Kontaktformular

Wir behandeln alle Unterlagen streng vertraulich.
Unsere Ersteinschätzung ist stets kostenlos.

 

"Rechtssicher werben - Abmahnungen vermeiden in Werbung und Akquise" in 2. Auflage erschienen

Jetzt bestellen und Abmahnungen vermeiden

Der Pratikerratgeber „Rechtssicher werben – Abmahnungen vermeiden in Werbung und Akquise“ ist in 2. neubearbeiteter Auflage erschienen. Dieser Ratgeber soll helfen, Abmahnungen wegen Rechtverletzungen zu vermeiden. Häufige rechtliche Risiken bei der Kreation und Durchführung von Werbekampagnen werden verständlich mit mehreren hundert Beispielen aus der Rechtsprechung erläutert.

Aus dem Inhalt:
•    Leads generieren mit Gewinnspielen
•    Auswahl von Begriffen, Texten, Medien und Designs
•    Werbung mit fremden Marken
•    Marken- und Designrecherchen durchführen
•    Irreführende und vergleichende Werbung
•    Werbung mit Umwelt- und Klimaschutzbegriffen
•    Preis- und Rabattwerbung nach neuer Preisangabenverordnung
•    E-Mail-Werbung und Telefonakquise
•    Suchmaschinenoptimierung (SEO) und Suchmaschinenwerbung (SEA)
•    Social Media und Influencer-Marketing
•    Affiliate Marketing
•    Datenschutzrecht

Zahlreiche Praxistipps machen das Buch zum unverzichtbaren Begleiter für jeden, der wirbt. Die Rechtsprechnung ist berücksichtigt bis Anfang 2023.

Rechtssicher werben – Abmahnungen vermeiden in Werbung und Akquise“, 2. neubearbeitete Auflage 2023, ISBN 978-3-00-074992-6, 232 Seiten, XchangeIP Verlag

Erhältlich im Buchhandel oder bei Amazon.

Inhaltsverzeichnis

Hand hält durchsichtige Schablone mit rechteckigem Ausschnitt

Die Abmahnung im Markenrecht

Alles, was Sie über das Instrument der Abmahnung wegen Markenrechtsverletzung wissen müssen

Hand hält durchsichtige Schablone mit rechteckigem Ausschnitt

Die Abmahnung im Wettbewerbsrecht

Alles, was Sie über das Instrument der Abmahnung im Wettbewerbsrecht wissen müssen

Hand hält durchsichtige Schablone mit rechteckigem Ausschnitt

Die strafbewehrte Unterlassungserklärung

Die Konsequenzen der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung im Fall einer Markenrechtsverletzung

Cover der Abgemahnt Taschenfibel Rechtsstand Dezember 2020

Kostenloser Download "Abgemahnt - Die erste-Hilfe-Taschenfibel 2021" als ePUB oder PDF

Alles über Abmahnungen und strafbewehrte Unterlassungserklärungen

Die Höhe der gesetzlichen Abmahnkosten

Die Höhe der Abmahnkosten für berechtigte und den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Abmahnungen richtet sich nach dem angemessenen Gegenstandswert. Dieser ist oft niedriger, als der Gegenstandswert, den der Abmahnende selbst angibt. Aus dem Gegenstandwert wiederum lässt sich die 1,3-Geschäftsgebühr für das Abmahnschreiben errechnen mit Hilfe der gesetzlichen Gebührentabelle. Höhere Gebühren als eine 1,3-Gebühr sind meistens nicht zu erstatten (siehe unten).

Kosten einer berechtigten Abmahnung

Berechtigte und ordnungsgemäße Abmahnung

Grundsätzlich sind nur die Kosten einer begründeten und berechtigten Abmahnung erstattungsfähig. Das heißt: Dem Abmahnenden muss gerade der geltend gemachte Anspruch zugestanden haben (BGH v. 22.01.2009 – I ZR 139/07 – pcb).


Lesen Sie hier:

Ist die Abmahnung wegen einer Markenrechtsverletzung berechtigt?

Ist die Abmahnung wegen eines Wettbewerbsverstoßes berechtigt?


Ist die Abmahnung berechtigt, muss der Empfänger der Abmahnung die Rechtsanwaltsgebühren bezahlen, oft aber nicht in der geforderten Höhe. Alleine mit Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung erkennt der Abgemahnte aber weder automatisch den Unterlassungsanspruch, noch den Kostenerstattungsanspruch an (BGH v. 24.9.2013 - Medizinische Fußpflege).

Abmahnkosten einer berechtigten Abmahnung mit groben Mängeln

Trotz berechtigter Abmahnung gibt es Fälle, in denen der Abmahnende dennoch keinen Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten hat. Das ist der Fall, wenn die Abmahnung grob mangelhaft ist. Um ihren Zweck zu erfüllen, muss in einer Abmahnung die begangene rechtsverletzende Handlung genau angegeben und der darin erblickte Verstoß so klar angegeben sein, dass der Abgemahnte erkennen kann, was ihm vorgeworfen wird und er eine wirksame Unterlassungserklärung abgeben kann. Insbesondere muss auch die Aktivlegitimation hinreichend dargelegt werden. Abmahnungen, die diesen Mindestanforderungen nicht genügen, stellen eine völlig unbrauchbare Dienstleistung dar, für die eine Kostenerstattung nicht gefordert werden kann (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.11.2011 - I-20 W 132/11).

Abmahnkosten einer teilweise berechtigten Abmahnung

Abmahnkosten einer teilweise berechtigten Abmahnung sind nur teilweise zu ersetzen.

BEISPIEL nach BGH v. 19.03.2014 - I ZR 185/12 - Geld-Zurück-Garantie III, Rz. 16:

Der Abmahnende beansprucht eine 1,3-Gebühr aus einem Gegenstandswert von € 65.000,00, nach aktueller RVG-Gebührentabelle € 1.642,40. Die Abmahnung ist wegen Ansprüchen aus Gegenstandswerten von insgesamt € 40.000,00 berechtigt.
Zu erstatten wären also 40/65 aus € 1.642,40 = € 1.010,71.

Reduzierte Abmahngebühren bei mehreren gleichlautenden Abmahnungen

Auch wer mehrere Abmahnungen an mehrere Gegner versendet, kann unter Umständen dennoch nur einmal eine Gebühr verlangen, wenn es sich gebührenrechtlich um eine diesselbe Angelegenheit (§ 15 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG) handelt. Das liegt umso näher, je identischer die Abmahnungen sind und je näher der mit den Abmahnungen beabsichtigte Erfolg zusammengehört.

BEISPIELE:

  • Diesselbe liegt vor bei Abmahnungen wegen eines Presseartikels gegenüber dem Autor, dem Verlag, dem Domaininhaber und dem Betreiber eines Onlineangebots (vgl. BGH v. 19.10.2010 - VI ZR 237/09).
  • Auch im Folgenden Fall handelte es sich eine einzige Angelegenheit im Sinne des § 15 II RVG: Der Abmahnende hatte im Zeitraum von Dezember 2016 bis Januar 2017 42 gleichlautende anwaltliche Abmahnungen wegen Verletzung von verschiedenen Urheberrechten eines Rechteinhabers mit Gegenstandswerten von je € 15.000,00 verschicken lassen. Einer der Empfänger wurde wegen drei Titeln abgemahnt. Statt € 865,00 Abmahnkosten (berechnet aus einem Gegenstandswert von € 15.000) waren nur Abmahnkosten in Höhe von 3/42 aus den addierten Gegenstandswerten (€ 630.000,00), also € 341,56 zu bezahlen. (BGH v. 6.6.2019 - I ZR 150/18 - Novembermann).
  • Auch das getrennte Vorgehen gegen den Betreiber einer Internetseite und einen Verlag, die beide einen persönlichkeitsverletzenden Artikel veröffentlichen, ist eine einzige Angelegenheit (vgl. BGH v. 22.1.2019 – VI ZR 402/17 – Ermittlung gegen Schauspielerin).

Abmahnkosten für Eigenabmahnung oder Selbstauftrag

Wer selbst abmahnt und zwar ohne Hinzuziehung eines Rechtsanwalts, kann grundsätzlich keine Rechtsanwaltsgebühren erstattet verlangen. Auch wer zuerst selbst abmahnt und anschließend das Gleiche noch einmal durch einen Anwalt tun lässt – und diesmal zusätzlich eine strafbewehrte Unterlassungserklärung fordert – soll die Anwaltskosten dieser zweiten Abmahnung nicht ersetzt verlangen können (OLG Frankfurt v. 10.01.2012 – 11 U 36/11).

Ebenso wenig kann auch ein Rechtsanwalt, der eine Verletzung eigener Rechte abmahnt (sog. „Selbstauftrag“), beispielsweise einen Wettbewerbsverstoß wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG), seine Kosten geltend machen (BGH v. 6.5.2004 - I ZR 2/03 - Selbstauftrag). Das gilt auch außerhalb des Wettbewerbsrechts (BGH v. 12.12.2006 – VI ZR 175/05).

Kostenerstattung nach unterschriebener Unterlassungserklärung

Verpflichtung zur Kostenerstattung unterschrieben

Wird die strafbewehrte Unterlassungserklärung und zugleich auch die Verpflichtung zur Erstattung der Anwaltskosten unterschrieben, lassen sich die Kosten leicht einklagen: Der Abmahnende muss im Prozess nur die unterschriebene Unterlassungserklärung mit der Verpflichtung zur Gebührenerstattung vorlegen. Darauf, ob die Abmahnung berechtigt war, kommt es dann nicht mehr an.

Verpflichtung zur Kostenerstattung nicht unterschrieben

Es empfiehlt sich fast immer, die in einer vorformulierten Unterlassungserklärung enthaltenen Pflicht zur Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren zu streichen (bzw. in einer eigenen Unterlassungserklärung diese Pflicht nicht zu erwähnen). Streicht der Empfänger der Abmahnung nämlich diese Verpflichtung, muss der Abmahnende die Gebühren einklagen. In diesem „kleinen Gebührenprozess“ muss der Abmahnende nun vortragen und beweisen, dass die Abmahnung berechtigt war. Bei einer Abmahnung im Markenrecht muss er also nun alles vortragen und beweisen, was er im Markenrechtsprozess vortragen müsste (Marke, Aktivlegitimation, Passivlegitimation, Markenrechtsverletzung, Unterscheidungskraft, Verwechslungsgefahr, rechtserhaltende Benutzung usw.). 

Angesichts des im Vergleich zum ursprünglichen Gegenstandswert ausgesprochen geringen Streitwerts (gestritten wird ja nur noch um die Rechtsanwaltsgebühren, nicht mehr um den ursprünglichen und teuren Unterlassungsanspruch) werden sich viele Rechtsanwälte auf eine Verhandlung zumindest über die Höhe der Gebühren einlassen. Denn wirtschaftlich vernünftig lassen sich derartige Prozesse für den Abmahnenden oft nicht führen.

Abmahnkosten bei Erstbegehungsgefahr

Bei der sog. Erstbegehungsgefahr (z.B infolge einer Markenanmeldung) müssen unter Umständen keine Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung erstattet werden. Im Gegensatz zur Wiederholungsgefahr, die durch eine bereits begangene Rechtsverletzung widerleglich vermutet wird, steht bei der Erstbegehungsgefahr eine Rechtsverletzung erst noch bevor. Der Abmahnende macht hier einen sog. „vorbeugenden Unterlassungsanspruch“ geltend. Ob hierfür Abmahnkosten erstattet werden müssen, beurteilen die Gerichte von Fall zu Fall unterschiedlich. Jedenfalls wer nicht als Täter, sondern als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen wird, muss für die Erstabmahnung keine Abmahnkosten erstatten (OLG HH ZUM-RD 2009, 317 - Mettenden).

Kostenerstattung bei eigener Rechtsabteilung

Der Abmahnende kann grundsätzlich auch dann Erstattung von Anwaltsgebühren verlangen, wenn er eine eigene Rechtsabteilung hat (BGH NJW 2008, 2651 - Abmahnkostenersatz).

Abmahnkostenerstattung bei Abmahnungen durch Verbände

Wettbewerbsverbände

Wettbewerbsverbände (z.B. die Wettbewerbszentrale) können ihre (vergleichsweise geringen) Kostenpauschalen aber auch dann in voller Höhe geltend machen, wenn die Abmahnung nur teilweise berechtigt ist (BGH v. 10.12.2009 - Az. I ZR 149/09 - Sondernewsletter).

Fachverbände

Fachverbände (z.B. eine Taxivereinigung) hingegen, die nach ihrer Satzung Wettbewerbsverstöße verfolgen, können Kosten eines eingeschalteten Rechtsanwalts nicht erstattet verlangen. Das gilt auch dann, wenn der Fachverband nur ausnahmsweise Wettbewerbsverstöße verfolgt und kein eigenes juristisch geschultes Personal hat (v. 06.04.2017 – I ZR 33/16 – Anwaltsabmahnung II).

Höhe der für eine Abmahnung erstattungsfähigen Anwaltsgebühren

Abhängig vom angesetzten Gegenstandswert

Streit gibt es immer wieder über die Höhe der zu erstattenden Anwaltskosten. Hier spielen mehrere Faktoren eine Rolle: Der Gegenstandswert, der angesetzte Gebührensatz und die Mitwirkung eines Patentanwalts. Der wichtigste Faktor für die Berechnung der Rechtsanwaltsgebührenhöhe ist der Gegenstandswert. Er berechnet sich nach dem „Interesse“ des Abmahnenden an der zu unterlassenden Handlung. Die Gegenstandswerte im Folgenden betreffen nur den (teuersten) Unterlassungsanspruch. Die günstigeren Folgeansprüche werden nur mit einem Bruchteil des Unterlassungsanspruchs angesetzt. Die Abmahnkosten wiederum erhöhen den Gegenstandswert gar nicht.

Gegenstandswerte im Wettbewerbsrecht

Im Wettbewerbsrecht sind Gegenstandswerte ab € 25.000,00 die Regel. Geringere Gegenstandswerte wird man nur bei lokalen Wettbewerbern mit kleinem Geschäft ansetzen. Größere Gegenstandswerte als € 500.000,00 wird man bei großen Unternehmen mit internationalen Abnehmern annehmen.

Gegenstandswerte im Markenrecht und Geschmacksmusterrecht bzw. Designrecht

Als Gegenstandswerte im Markenrecht und sonstigen Kennzeichenrecht kommen Beträge unter € 50.000,00 selten vor. Hier sind unter Umständen bei bekannten Marken auch Gegenstandswerte über € 1.000.000,00 angemessen.


Hier finden Sie eine Gebührentabelle über die zu ersetzenden Abmahnkosten einer Abmahnung im Markenrecht.


Im Geschmacksmusterrecht und Designrecht werden oft Gegenstandswerte zwischen € 30.000,00 und 50.000,00 je verletzem Geschmacksmuster bzw. Design angesetzt.

Grundsatz: 1,3-Gebühr

Der Gebührensatz für die anzusetzende Geschäftsgebühr beträgt oft nur 1,3. Grundlegend zu der Gebührenhöhe bei Abmahnungen: BGH v. 11.7.2012 - VIII ZR 323/11

Auch in Marken- und Kennzeichenstreitigkeiten kann oft nur eine 1,3-Gebühr verlangt werden (OLG Frankfurt v. 8.11.2012 - 6 U 208/11; LG Düsseldorf v. 27.11.2013 - 2a O 42/13)

Angelegenheiten im Designrecht bzw. Geschmacksmusterrecht und im Gebrauchsmusterrecht sind aber nicht per se besonders umfangreich oder schwierig (BGH v. 13.11.2013 – X ZR 171/12 – Einkaufskühltasche). Wer hier eine höhere, als die 1,3-Geschäftsgebühr fordert, muss den besonderen Umfang oder die besondere Schwierigkeit begründen.

Erhöhung auf 1,5 oder 2,0 möglich bei besonderen Schwierigkeiten

Eine Erhöhung darüber hinaus, etwa auf eine 1,5- oder eine 2,0-Gebühr, ist nur dann möglich, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwalts umfangreich oder schwierig war (BGH v. 11.7.2012 - VIII ZR 323/11). Bei umfangreichen oder schwierigeren Fällen, etwa bei Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Verletzungszeitraum, der Vielzahl von Verletzungshandlungen und dem Fehlen gefestigter Lizenzsätze, kann unter Umständen auch eine 2,0-Gebühr angemessen sein (BGH v. 29.07.2009 – I ZR 169/07 – BTK, Rz. 51).

Umsatzsteuer ("Mehrwertsteuer") als Teil der Abmahnkosten?

BFH v. 21.12.2016 - XI R 27/14, BFH v. 13.02.2019 - XI R 1/17, BGH v. 21.01.2021 - I ZR 87/20

Abmahnkosten sind immer mit Mehrwertsteuer zu berechnen. Das gilt für wettbewerbsrechtliche Abmahnungen (BFH v. 21.12.2016 - XI R 27/14), urheberrechtliche Abmahnungen (BFH v. 13.02.2019 - XI R 1/17), marken- und kennzeichenrechtliche Abmahnungen (BGH v. 21.01.2021 - I ZR 87/20 - Erstattungsfähigkeit der Umsatzsteuer im Rahmen des Anspruchs auf Ersatz von Abmahnkosten) und andere Abmahnungen wegen Verletzung von Schutzrechten. Zahlt ein Abgemahnter aufgrund einer Abmahnung, so sind diese Zahlungen umsatzsteuerrechtlich ein Entgelt im Rahmen eines steuerbaren Leistungsaustauschs. Solche Zahlungen sind keine (nicht steuerbaren) Schadensersatzzahlungen. Die Konsequenz: Ein Abmahnender muss seine beanspruchten Abmahnkosten vom Gegner immer mit Mehrwertsteuer einfordern, unabhängig davon, ob der Abmahnende vorsteuerabzugsberechtigt ist oder nicht. Außerdem stellen die Abmahnkosten steuerpflichtigen Umsätze dar. Im Fall einer Betriebsprüfung drohen Nachzahlungen für zurückliegende Jahre.

Fälligkeit der Abmahnkosten (netto) unabhängig von Umsatzsteuer-Rechnung

Die Fälligkeit der Abmahnkosten hängt nicht davon ab, ob der Abmahnende eine den umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften genügende Rechnung ausstellt. Der Sinn der Rechnungstellung liegt darin, dass der Abmahnende die ihm berechnete Umsatzsteuer im Wege des Vorsteuerabzuges geltend machen kann. An der Fälligkeit der Abmahnkosten ändert das aber nichts (OLG Düsseldorf v. 23.01.2020 - 2 U 13/19).

Zurückbehaltungsrecht des Abgemahnten bis zum Erhalt einer Umsatzsteuer-Rechnung

Der Abmahnende muss nach § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 S. 2 UStG dem Abgemahnten innerhalb von sechs Wochen eine im eigenen Namen erstellte und den Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 UStG genügende Rechnung übersenden (OLG München v. 30.09.2021 - 6 U 6754/20 - Stadtportal münchen.de). Bis zum Erhalt der Rechnung steht dem Abgemahnten, der nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB zu, der Abgemahnte kann also Zahlung der Abmahnkosten zurückhalten. Im Rechtsstreit führt dies zu einer Zug um Zug-Verurteilung des Rechtsverletzer (§ 274 Abs. 1 BGB).

Beispiel: Abmahnende berechnet keine Umsatzsteuer

Wenn der Abmahnende dem Abgemahnten aber überhaupt keine Umsatzsteuer berechnet, sondern lediglich die Netto-Anwaltskosten einfordert, kommt ein Vorsteuerabzug des Abgemahnten nicht in Betracht. Deswegen hat er auch kein berechtigtes Interesse an einer § 14 UStG entsprechenden Rechnung hat (OLG Düsseldorf v. 23.01.2020 - 2 U 13/19; ebenso OLG Stuttgart, GRUR-RS 2019, 16939 - Ersatz von Abmahnkosten).

Kosten eines hinzu gezogenen Patentanwalts

Erstattungsfähige Patentanwaltskosten

Die Kosten eines für eine Abmahnung hinzu gezogenen Patentanwalts sind (anders als im gerichtlichen Verfahren, s.o.) nur zu erstatten, wenn dies erforderlich war. Musste also z.B. der Verletzte zunächst einen Patentanwalt mit einer Recherche zum Registerstand oder zur Benutzung des Schutzrechts beauftragen, so sind diese Kosten auch vom Verletzer zu erstatten (BGH v. 24.02.2011 - I ZR 181/09 - Kosten des Patentanwalts II). Hierfür muss der Abmahnende nachweisen, dass der Patentanwalt Aufgaben übernommen hat, die zu seinem typischen Aufgabengebiet gehören, etwa Register- oder Benutzungsrecherchen (BGH v. 21.12.2011 I ZR 196/19 -  Kosten des Patentanwalts III).

Nicht erstattungsfähige Patentanwaltskosten

Nicht zu erstatten sind Kosten eines Patentanwalts jedenfalls dann, wenn der Abmahnende nur lapidar vorträgt, der Patentanwalt habe eine Markenrecherche durchgeführt und zudem ein Rechtsanwalt mit Erfahrung im Markenrecht, z.B. ein Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz, mitgewirkt hat (BGH v. 10.05.2012 - I ZR 70/11 - Kosten des Patentanwalts IV). Ebenso wenig sind Patentanwaltskosten zu erstatten, wenn der Patentanwalt eine Abmahnung entwirft und diese anschließend von einem Rechtsanwalt prüfen und absenden lässt. Hier ist nur die Geschäftsgebühr des Anwalts erstattungsfähig (OLG Frankfurt v. 05.01.2012 – 6 U 107/10 – Erstattungsfähigkeit von Patentanwaltskosten für kennzeichenrechtliche Abmahnung). Nicht erstattungsfähig sind auch die Kosten eines Patentanwalts in einer Markensache, in der der Rechtbestand streitig ist, absolute Schutzhindernisse behauptet werden und die rechtserhaltende Benutzung bestritten wird. Denn auch diese Themen können von einem Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz bearbeitet werden (OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.8.2023 - 6 W 24/20).

Rechtsschutzversicherungen

gewähren in aller Regel für Streitigkeiten im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht keine Deckung. Diese Rechtsgebiete sind in den Versicherungsbedingungen der allermeisten Versicherungen vom Versicherungsschutz ausgenommen. 

Besonderheiten der Abmahnung im Wettbewerbsrecht

Kein Anspruch auf Abmahnkosten bei Verstößen gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet und gegen Datenschutzrecht, § 13 IV UWG

Um den Abmahnmissbrauch einzudämmen, gewährt § 13 IV UWG den Mitbewerben bei Verstößen, die in der Vergangenheit typischerweise von rechtsmissbräuchlich Abmahnenden gerügt wurden, keinen Anspruch mehr auf Ersatz der Abmahnkosten. Typischerweise abgemahnt wurden in der Vergangenheit Verstöße gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet, die einfach zu finden waren, auch durch den automatisierten Einsatz von Crawlern. Dazu zählt beispielsweise die Pflicht zur Angabe des "Impressums" (§ 5 TMG), zu vollständigen Preisangaben oder Versandkosten (312 d BGB und PAngV), oder zur Angabe der Widerrufsbelehrung. Das gleiche gilt für Verstöße gegen datenschutzrechtliche Informationspflichten (DSGVO und BDSG) gegenüber Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern. Solche Verstöße können zwar auch künftig abgemahnt werden, aber nur auf eigene Kosten des Abmahnenden, soweit er Mitbewerber ist. Verbände haben auch künftig Anspruch auf Erstattung einer Kostenpauschale.

Nach § 13 IV UWG ist der Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für Mitbewerber ausgeschlossen bei

  • im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien begangenen Verstößen gegen gesetzliche Informations-und Kennzeichnungspflichten
    Solche Verstöße sind beispielsweise Verstöße gegen § 5 TMG („Impressumspflicht“), Die Pflicht zur Widerrufsbelehrung oder Verstöße gegen die Preisangabenverordnung (PAngV);
  • oder sonstigen Verstößen gegen die DSGVO und das Bundesdatenschutzgesetz durch Unternehmen sowie gewerblich tätige Vereine, sofern sie in der Regel weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigen.

Die Mitarbeiterzahl kann insbesondere nach § 23 Absatz 1 Satz 4 Kündigungsschutzgesetz ermittelt werden. Danach sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

Abmahnung im Markenrecht

Alles was Sie über eine Abmahnung wegen Markenrechtsverletzung wissen müssen.

Weitere Informationen zum Thema:

Verkehrszeichen "Einfahrt verboten" ohne Text

Rechtsmissbräuchliche Abmahnung

Wann eine ist eine Abmahnung rechtsmissbräuchlich? Konsequenzen für Abmahnkosten und den Unterlassungsanspruch

Bewertungen

SEIFRIED IP Kanzlei Markenrecht Wettbewerbsrecht Designrecht Urheberrecht - Über 20 Jahre Erfahrung
5

Basierend auf 7 Bewertungen

Niklas Horstmann
Niklas Horstmann
15.09.2023

Dankeschön

Jan Ruthard
Jan Ruthard
09.02.2023

Schnelle & professionelle Erstinformation. Sehr empfehlenswert.

Tobias
Tobias
24.09.2021

Besten Dank für die telefonische Beratung zu meiner Markenanmeldung. Sie haben sofort für Klarheit gesorgt und waren sehr hilfsbereit. Schön, so etwas in der heutigen Zeit zu erleben.