Übersicht über das Urheberrecht
Entstehung und Umfang des urheberrechtlichen Schutzes
Kurzbeschreibung Urheberrecht: | Nichtregistrierter Schutz für persönliche geistige Schöpfungen |
Schutzobjekte: | Werke, Beispiele: Lichtbildwerke, Lichtbilder, Texte, Musikstücke, Kunstwerke, Reden, Fotos, Filme, Texte, Zeichnungen, Stadtpläne, Bühnenstücke |
Schutzvoraussetzung: | Schöpfungshöhe“, aber auch „kleine Münze“ bei Sprachwerken. Ausnahme: Lichtbilder (z.B. Produktfotos) |
Schutzrechtsentstehung: | Erschaffung des Werkes, keine Registrierung nötig oder möglich |
Schutzdauer: | Ab Schöpfung bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers (§ 64 UrhG), bei Lichtbildern bis 50 Jahre nach Erscheinen (§ 72 III UrhG) |
Räumlicher Schutzumfang: | Deutschlandweit |
Sachlicher Schutzumfang: | „In der konkreten Formgestaltung zum Ausdruck gebrachter Gesamteindruck in seiner schöpferischen Eigenart“ (vgl. RGZ 155, 199, 202 f. - Möbelstoffmuster); Schutz von Form und Inhalt, auch im Ähnlichkeitsbereich; je komplexer das Werk, desto größer der Schutzumfang |
Typische Probleme bei der Urheberrechtsverletzung: | Schöpfungshöhe |
Begriffe des Urheberrechts
Werke
Urheberrechtsfähig sind Ergebnisse persönlicher geistiger Schöpfung (vgl. § 2 II UrhG), also Texte, Produktbeschreibungen, Grafiken, Zeichnungen und Filme. Man spricht hier von „Werken“. Geschützt ist grundsätzlich jedes Werk der Literatur, der Wissenschaft und der Kunst, das individuell ist und „Schöpfungshöhe“ besitzt.
Urheberrechtsfähige Werke dürfen nur mit Zustimmung des Rechteinhabers verwendet werden. Die Lizenzierung eines solchen Werkes ist fast immer günstiger als eine Schadensersatzzahlung.
Beispiele
Urheberrechtlich geschützt sind
- Fotos jeder Art („Lichtbilder“ und „Lichtbildwerke“)
- Texte
- Filmwerke und Stills/Screenshots hieraus
- Bildende Kunst (Kunstwerke)
- Zeichnungen
- Stadtpläne (§ 2 I Nr. 7 UrhG; BGH v. 26.2.2014 – I ZR 121/13 – Urheberrechtsschutz von Online-Stadtplänen)
Auch Designs können urheberrechtlich geschützt sein. Meistens fehlt ihnen aber die für einen urheberrechtlichen Schutz erforderliche „Schöpfungshöhe“ (siehe hierzu unten). Öfter sind sie daher als eingetragene Designs bzw. eingetragene oder nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster geschützt. Einzelne Worte oder Begriffe sind nicht urheberrechtsfähig. Hier ist aber ein Schutz als Marke oder sonstiges Kennzeichen möglich.
Schöpfungshöhe
Damit ein Werk urheberrechtlich geschützt ist, muss es eine ausreichende „Schöpfungshöhe“ haben. Es muss eine „persönliche geistige Schöpfung“ sein (vgl. § 2 II UrhG). Mit Schöpfungshöhe ist ein bestimmtes Niveau an Individualität und Gestaltung gemeint. Das Werk muss sozusagen Ausfluss der Individualität des Urhebers sein. Schutzfähig ist damit nur das Ergebnis einer nicht alltäglichen Geistestätigkeit. Was alltäglich ist oder handwerklich erschaffen wurde, ist an sich nicht geschützt. Diese Anforderungen werden allerdings für bestimmte Bereiche herabgesetzt. Geschützt als „kleine Münze“ sind beispielsweise auch Werbetexte aus Onlineangeboten als Sprachwerke (OLG Düsseldorf v. 6.5.2014 – I-20 U 174/12 – Angebotstext für Anwaltsroben). Die Schöpfungshöhe kann sich hier allein aus der Einteilung und Anordnung des Textes ergeben. Geschützt sind auch Stadtpläne und Fotografien und nach jüngerer Rechtsprechung öfter auch Designs. Bei Letzteren unterscheidet man zwischen den Fotografien, die Ergebnisse einer persönlich geistigen Schöpfung sind („Lichtbildwerke“, § 2 Nr. 5 UrhG) und den (einfacheren) „Lichtbildern“ (§ 72 UrhG). Ein Lichtbild muss nicht Ergebnis einer persönlichen geistigen Schöpfung sein. Auch das Foto eines banalen Käsebrotes (siehe BGH v. 12.11.2009 - I ZR 166/07 - marions-kochbuch) ist daher urheberrechtlich geschützt, ebenso jedes Produktbild, auch wenn es in einer Fotobox erstellt wurde.
Entstehung des Urheberrechts
Entstehungszeitpunkt
Der Urheberrechtsschutz entsteht mit Entstehung des Werkes. Die Eintragung eines Werkes in ein Register ist für einen urheberrechtlichen Schutz nicht vorgesehen und auch nicht möglich. Ein solches Register existiert in Deutschland nicht. Ebenso wenig erforderlich ist die populäre Kennzeichnung eines Werkes mit dem ©. Eine solche kann aber Bestandteil eines Urhebervermerks sein (hierzu unten).
Urhebervermerk
Eine solche Kennzeichnung zusammen mit einem Namen kann aber einen Urhebervermerk darstellen. Ein solcher erspart dem Rechteinhaber im Fall einer Urheberrechtsverletzung bis zum Beweis des Gegenteils den oft schwierigen Nachweis, dass er der Urheber ist. Denn durch einen Urhebervermerk wird gesetzlich vermutet, dass der Angegebene auch tatsächlich Urheber ist (siehe die Urheber- oder Rechteinhabervermutung in § 10 UrhG).
Veränderungen, Bearbeitungen und freie Benutzung im Urheberrecht
Grundsätz der Bearbeitungen im Urheberrecht
Auch die Veränderung oder Bearbeitung eines urheberrechtsfähigen Werkes ist grundsätzlich nur mit Zustimmung des Urhebers erlaubt (§ 23 UrhG). Eine nicht vom Urheber genehmigte Bearbeitung oder Umgestaltung eines urheberrechtlich geschützten Werkes ist selbst eine urheberrechtsverletzende Vervielfältigung (BGH v. 16.5.2013 – I ZR 28/12 – Beuys-Aktion).
"Freie Benutzung" nach § 23 I 2 UrhG
Zulässig ist die sogenannte „freie Benutzung“. Wer ein anderes Werk nur als Anregung für eine eigene Bearbeitung benutzt, darf das fremde Werk verwenden. Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung (BGH v. 28.7.2016 – I ZR 9/15 – auf fett getrimmt) dass
• das geschützte Werk nur noch als Anregung der Bearbeitung dient, d. h. dieses nur noch „durchschimmert“
oder
• die Bearbeitung zwar das geschützte Werk deutlich übernimmt, es die künstlerische Auseinandersetzung aber gerade erfordert, dass das ge-schützte Werk erkennbar ist (z. B. als „Antithema oder Parodie“)
und
• schutzwürdige Interessen des Urhebers, die gegen eine Verfremdung sprechen, nicht verletzt werden.
Bei Melodien gibt es grundsätzlich keine freie Benutzung. Wer eine erkennbar eigentümliche Melodie beispielsweise als Anregung für einen Jingle benutzt, braucht immer die Zustimmung des Rechteinhabers (§ 24 II UrhG).
Urheberrechtsverletzungen in der Werbung
Vervielfältigungsrecht und Recht der öffentlichen Zugänglichmachung
Ein Urheber hat zahlreiche Rechte, um sein Werk zu verwerten. Für den Bereich der Werbung sind vor allem das Vervielfältigungsrecht (§ 16 UrhG) und das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) relevant.
Das Vervielfältigungsrecht betrifft die Kopie eines geschützten Werkes, auch durch Abbildung beispielsweise in einer Zeitung (BGH v. 1.7.1982 – I ZR 119/80 – Presseberichterstattung und Kunstwerkwiedergabe II). Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, etwas im Internet zu veröffentlichen.
„Framing“ („Embedding“) und das Urheberrecht: "Neues Publikum" erreicht?
Oft werden urheberrechtlich geschützte Inhalte einer Internetseite mit Hilfe eines Scripts in einem Frame einer anderen Internetseite eingebettet. Solche Inhalte können ein YouTube-Video sein oder auch ein Amazon-Angebot als Amazon-Affiliate. Eine Veröffentlichung in einem Frame ist nur dann ein urheberrechtsverletzendes öffentliches Zugänglichmachen, wenn ein geschütztes Werk für ein „neues Publikum“ wiedergegeben wird, d. h für ein Publikum, an das der Inhaber des Urheberrechts nicht gedacht hatte und für die er keine Erlaubnis erteilt hatte, als er die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubt hatte (EuGH v. 26.4.2017 – C-527/15 – Stichting Brein/Wullems). Ein Framing ist daher kein öffentliches Zugänglichmachen durch denjenigen, der Inhalte mit Hilfe eines Frames einbettet, wenn dadurch kein neues Publikum erreicht wird. Die Inhalte des Frames werden dadurch nicht selbst urheberrechtswidrig öffentlich wiedergegeben (Vgl. EuGH v. 21.10.2014 – C-348/13 - BestWaterInternational). Ein Einbetten ist also dann zulässig, wenn der Urheber eine freie Verfügbarkeit des Werks im Internet an ein unbestimmtes Publikum erlaubt hat. Dann kann durch ein Framing auch kein neues Publikum erreicht werden (VGl. BGH v. 9.9.2021 – I ZR 113/18 – Deutsche Digitale Bibliothek II).
Framing ist aber auch dann urheberrechtsverletzend, wenn der Einbettende wusste oder hätte wissen müssen, dass die eingebetteten Inhalte rechtswidrig öffentlich wiedergegeben wurden. Wer gewerblich handelt, also mit Gewinnerzie-lungsabsicht, ist verpflichtet zu recherchieren, ob die Inhalte nicht unbefugt veröffentlicht wurden (EuGH a.a.O. – Stitching Brein/Wullems, Rz. 49 ). Nach deutscher Rechtsprechung soll diese Pflicht aber dann nicht gelten, wenn eine Rechterecherche nicht zumutbar ist.
Beispiel (LG Hamburg v. 13.6.2017 – 310 O 117/17 – Mops-Foto):
Ein Amazon-Affiliate bettete auf seiner Internetseite automatisch ein Amazon-Angebot ein. Es enthielt ein Etui für ein iPhone, auf dem ein Hundekopf abgebildet war. Der Fotograf des Hundekopfes hatte einer Verwendung auf dem iPhone-Etui nicht zugestimmt. Das soll dennoch keine Urheberrechtsverletzung gewesen sein. Denn eine Rechterecherche sei dem Einbettenden nicht zumutbar gewesen: Bei einer minimalen Vergütung per Click seien flächendeckende Recherchen unrentabel.
Autor: Thomas Seifried, Anwalt für Urheberrecht und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz