Strafbewehrte Unterlassungserklärung

Alles über die strafbewehrte Unterlassungserklärung mit Muster nach neuem UWG

Die Anlage zu einer Abmahnung

Eine vorformulierte strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ist üblicherweise einer Abmahnung wegen Markenrechtsverletzung oder einer Abmahnung im Wettbewerbsrecht, Geschmacksmusterrecht, Designrecht, Internetrecht, Patentrecht, Gebrauchsmusterrecht oder einer Abmahnung im Urheberrecht beigefügt.

Ausschluss und Beschränkung von Vertragsstrafen nach dem UWG

Keine Vertragsstrafen bei Verstößen gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten und Datenschutzverstößen im Internet

Das UWG sieht Beschränkungen bei einer Abmahnung im Wettbewerbsrecht vor, die die Vereinbarung einer Vertragsstrafe betreffen: Bei unwesentlichen Verstößen darf die Vertragsstrafe € 1.000,00 nicht überschreiten. Für Verstöße gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten im elektronischen Rechtsverkehr oder in Telemedien ("Internet") kann eine Vertragsstrafe überhaupt nicht mehr wirksam vereinbart werden.

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Alles über Abmahnungen und strafbewehrte Unterlassungserklärungen

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Zweck einer strafbewehrten Unterlassungserklärung

Mit der strafbewehrten Unterlassungsverpflichtung erklärt der Empfänger einer Abmahnung, ein bestimmtes Verhalten in der Vergangenheit (die "Verletzungshandlung") zukünftig zu unterlassen.


Lesen Sie hier:

Ist die Abmahnung wegen einer Markenrechtsverletzung berechtigt?

Ist die Abmahnung wegen eines Wettbewerbsverstoßes berechtigt?


Die Handlung, die zukünftig nach der Unterlassungserklärung zu unterlassen ist, nennt man "Verletzungsform". Für den Fall der Verletzung dieser Pflicht verspricht der Abgemahnte eine Vertragsstrafe. Verpflichtet sich der Abgemahnte in einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung zur Zahlung einer angemessene Vertragsstrafe, entfällt die für den Unterlassungsanspruch notwendige Wiederholungsgefahr: Eine Unterlassungsklage oder ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wäre unbegründet. Der Wegfall der Wiederholungsgefahr und damit die Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung ist der eigentliche Zweck der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung.

Wiederholungsgefahr durch Rechtsverletzung

Beseitigung der Wiederholungsgefahr durch strafbewehrte Unterlassungserklärung

Eine bereits begangene Rechtsverletzung lässt eine "Wiederholungsgefahr" vermuten: Wer einmal ein gewerbliches Schutzrecht verletzt oder gegen wettbewerbsrechtliche/lauterkeitsrechtliche Bestimmungen verstoßen hat, bei dem wird so lange vermutet, dass er es wieder tun würde, bis er eine strafbewehrte Unterlassungserklärung für den Wiederholungsfall verspricht. Diese Vermutung kann nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden (z.B. BGH v. 9.11.1995 – I ZR 212/93 – Wegfall der Wiederholungsgefahr I). Das gilt sogar dann, wenn in der Unterlassungserklärung auf die konkrete Verletzungsform Bezug genommen wurde. Auch eine solche Unterlassungserklärung kann die Wiederholungsgefahr beseitigen (BGH GRUR 1996, 290 – Wegfall der Wiederholungsgefahr). Diese Grundsätze gelten für alle Unterlassungsansprüche. Die Wiederholungsgefahr gilt erst durch ein Vertragsstrafeversprechen als ausgeräumt. Dabei kann eine feste Vertragsstrafe versprochen werden, z.B. "bei Meidung einer Vertragsstrafe in Höhe von € 5.000,00". Der Unterlassungsschuldner kann aber auch eine Vertragsstrafe nach sog. "neuem Hamburger Brauch" versprechen.

Hat der Abgemahnte gegen die Unterlassungserklärung verstoßen, lebt die Wiederholungsgefahr wieder auf. Nun muss eine höherer Vertragsstrafe versprochen werden. Erst eine solche beseitigt die erneute Wiederholungsgefahr. Eine Ausnahme gilt für Unterlassungserklärungen, die nach sog. "neuem Hamburger Brauch" (siehe oben) versprochen wurden. Diesen Unterlassungserklärungen wohnt eine höhere Vertragsstrafe bei einem erneuten Verstoß schon inne (BGH v. 1.12.2022 - I ZR 144/21 - Wegfall der Wiederholungsgefahr III).

Beseitigung der Wiederholungsgefahr durch rechtskräftiges Urteil

Auch ein rechtskräftiges Urteil beseitigt die Wiederholungsgefahr (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil v. 14.02.1996 6 U 158/94 - Warsteiner). Ein Beschluss oder ein Urteil in einem einstweiligen Verfügungsverfahren tut dies nur dann wenn eine Abschlusserklärung abgegeben wurde (OLG Karlsruhe, Urteil vom 22.02.1995 - 6 U 250/94).

Besonderheit: Notarielle Unterlassungserklärung auch ohne Vertragsstrafe möglich

Eine Besonderheit gilt für die "notarielle Unterlassungserklärung". Sie wird ohne Vertragsstrafeversprechen abgegeben und ist mit Vorsicht zu genießen. Denn sie beseitigt die Wiederholungsgefahr nicht schon dann, wenn sie abgegeben wird (hierzu unten).

Neue Rechtsprechung: Bei Ablehnung der Unterlassungserklärung bleibt Wiederholungsgefahr

Wer eine ernsthafte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt, beseitigt die Vermutung der Wiederholungsgefahr aber nur dann, wenn der Abmahnende die (vom Abgemahnten erstellte oder modifizierte) strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht ablehnt (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung: BGH v. 1.12.2022 - I ZR 144/21 - Wegfall der Wiederholungsgefahr III). Lehnt der Abmahnende nämlich die Annahme einer ernstgemeinten Unterlassungserklärung ab, kann der Abgemahnte in einem Prozess "sofort anerkennen". Die Folge: Auch wenn der Abgemahnte zur Unterlassung verurteilt wird, muss die Prozesskosten dennoch der Abmahnende bezahlen (vgl. § 93 ZPO).

"Verletzungsform" und "Verletzungshandlung"

Die Unterlassungsverpflichtung ist in aller Regel die erste vorformulierte Verpflichtung der Anlage zu einer Abmahnung. Es ist die in die konkrete Verletzungsform gegossene Verletzungshandlung. Hier muss der Abmahnende genau beschreiben, welche Handlung des vermeintlichen Rechtsverletzers er künftig unterlassen haben möchte. Während die „Verletzungshandlung" also den Sachverhalt darstellt, handelt es sich bei der „Verletzungsform" um dasjenige, was der Abmahner in Zukunft unterlassen haben möchte.

Um sich nicht der Gefahr einer negativen Feststellungsklage auszusetzen, muss er außerdem sein Verbot auf solche künftigen Handlungen beschränken, die nach dem Gesetz auch verboten sind. Der Unterlassungsanspruch ist für den Abmahnenden - neben dem Auskunftsanspruch - oft der wichtigste und wegen des hohen Gegenstandswert mit Abstand der teuerste Anspruch. Er setzt kein Verschulden voraus.

Oft ist eine von dem Abmahnenden vorformulierte Unterlassungserklärung zu weit gefasst. Viele Abmahner möchten damit einen viel weiteren Unterlassungsanspruch durch den Unterlassungsvertrag erhalten, als ihnen nach dem Gesetz zustehen würde. Der Zweck: Der Abmahnende soll künftig auch für solche Handlungen eine Vertragsstrafe bezahlen, die nach dem Gesetz gar nicht verboten wären. Das ist an sich zulässig, wenn der Abmahnende hierauf hinweist (hierzu unten).


Beispiel:  Wer markenrechtsverletzende T-Shirts angeboten hatte, muss sich nicht mit einem Vertragsstrafeversprechen verpflichten es zu unterlassen, solche T-Shirts „einzuführen", wenn er sie nicht selbst auch eingeführt hatte.

Unterwirft sich der Abgemahnte aber unter eine weit gefasste Verletzungsform, so ist grundsätzlich ein wirksamer Unterlassungsvertrag zu Stande gekommen. Die Unterlassungserklärung so einzugrenzen, dass sie der vom Gesetz verbotenen Verletzungshandlung entspricht, ist daher die wichtigste Aufgabe des Abgemahnten.


"Insbesondere"-Formulierungen

Viele vorformulierte Unterlassungserklärungen enthalten eine allgemeine Umschreibung einer gesetzlich verbotenen Handlung mit einer anschließenden Konkretisierung durch einen „Insbesondere"-Teil. Darin wird dann die Verletzungshandlung beschrieben. Solche Formulierungen sind einigen Oberlandesgerichten vor dem „Insbesondere"-Teil zu unbestimmt. Die Streichung des „Insbesondere"-Zusatzes wäre demnach eine teilweise Klagerücknahme (so OLG München BeckRS 2009, 23375).

Gesetzeswiederholende Unterlassungsverpflichtungen

Gerne wird auch einfach der Gesetzestext wiedergegeben. Das wäre in einem gerichtlichen Antrag nur in Ausnahmefällen zulässig, nämlich nur dann, wenn sich der Unterlassungsanspruch sonst gar nicht formulieren ließe, sog. „gesetzeswiederholender Unterlassungsantrag".

In den meisten Fällen enthält die vorformulierte strafbewehrte Unterlassungserklärung ein umfassenderes Verbot, als das Gesetz dem Abmahner gewähren würde. Der Zweck der Übung liegt auf der Hand: Gibt der Abgemahnte die vorformulierte Erklärung ab, ist ein Unterlassungsvertrag geschlossen. Für einen künftigen Verstoß des Abgemahnten kommt es dann nur noch darauf an, ob der Verstoß eine Handlung betrifft, zu deren Unterlassung der Abgemahnte sich verpflichtet hat. Ob diese Handlung rechtswidrig ist, spielt dann keine Rolle mehr. So kann der Abmahnende dann auch beispielsweise für künftige Bagatellverstöße Vertragsstrafen verlangen (BGH v. 10.6.2009 - I ZR 37/07 - Unrichtige Aufsichtsbehörde)

Die Vertragsstrafeverpflichtung der strafbewehrten Unterlassungserklärung

Unterlassungserklärung auch ohne Vertragsstrafe?

Üblicherweise als zweite Verpflichtung enthält die vorformulierten Unterlassungserklärung das Versprechen, im Fall eines Verstoßes gegen die Unterlassungserklärung eine bestimmte Vertragsstrafe zu bezahlen. Ohne eine solche Verpflichtung wird die Wiederholungsgefahr meistens nicht ausgeräumt. Wer sich also nicht zur Bezahlung einer angemessenen Vertragsstrafe verpflichtet, muss mit einer gerichtlichen Maßnahme - Klage oder einstweilige Verfügung - rechnen.

Ausnahme 1: Erstbegehungsgefahr

Etwas anderes gilt zunächst bei der sog. „Erstbegehungsgefahr“. Hier ist kein Vertragsstrafeversprechen erforderlich. Es reicht aus, wenn der Abgemahnte erklärt, das beanstandete Verhalten einfach zu unterlassen und es dann auch unterlässt. Er muss zwar keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben. Er muss aber die Rechtsverletzung einstellen.

Beispiel: Wer eine Abmahnung wegen einer rechtsverletzenden Markenanmeldung oder Markeneintragung erhält, muss als "actus contrarius" die Anmeldung zurücknehmen bzw. auf die Marke verzichten.

Ausnahme 2: Verstöße gegen Informationspflichten kleiner Unternehmen

Auch in den Fällen des § 13a II UWG muss keine Vertragsstrafe versprochen werden. Denn sonst ergäbe diese Vorschrift keinen Sinn, weil bei Verstößen gegen § 13 IV UWG von Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitern gegenüber Mitbewerbern überhaupt keine Vertragsstrafe mehr versprochen werden muss (OLG Schleswig v. 3.5.2021 - 6 W 5/21).

Ausnahme 3: Notarielle Unterlassungserklärung

Auch die notarielle Unterlassungserklärung wird ohne Vertragsstrafe abgegeben. Sie ist sozusagen ein Zwitterwesen zwischen Vertrag und gerichtlichem Titel und mit Vorsicht zu genießen.

Problematisch: Die notarielle Unterlassungserklärung

Eine Sonderform ist die sog. "notarielle Unterlassungserklärung". Hier wird zunächst überhaupt keine Vertragsstrafe versprochen. Vielmehr unterwirft sich der Verletzer in einer notariellen Unterlassungserklärung der sofortigen Zwangsvollstreckung. Damit hieraus ein scharfes Schwert wird, muss dann der Unterlassungsgläubiger bei Gericht einen Beschluss über die Androhung von Ordnungsmitteln erwirken. In gerichtlichen Urteilen oder in einer einstweiligen Verfügung ist diese Androhung üblicherweise schon enthalten. Das Verfahren mit einer notariellen Unterlassungserklärung ist damit sozusagen ein Zwitterwesen zwischen vertraglicher Unterlassungspflicht und gerichtlichem Titel.

Verstöße gegen die notarielle Unterlassungserklärung lösen keine Vertragsstrafe aus

Erst nach Zustellung des beantragten Ordnungsmittelandrohungsbeschlusses kann der Unterlassungsgläubiger bei zukünftigen Verstößen wie bei einem gerichtlichen Unterlassungsurteil gegen den erneuten Verletzer die Zwangsvollstreckung betreiben, indem er beispielsweise gerichtlich ein Ordnungsgeld (vgl. § 890 ZPO) festsetzen lässt. Ein solches Ordnungsgeld flösse dann aber nicht wie bei einer strafbewehrten Unterlassungserklärung an den Gegner (Gläubiger), sondern in die Staatskasse. Der Anreiz für den Unterlassungsgläubiger, künftige Verstöße gegen eine Unterlassungserklärung zu verfolgen, kann also bei einer notariellen Unterlassungserklärung geringer sein, weil Verstöße sein eigenes Vermögen nicht mehren können. Soweit die Theorie.

Der BGH hält eine notarielle Unterlassungserklärung grundsätzlich für geeignet, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen (BGH v. 21.04.2016 - I ZR 100/15 - Notarielle Unterlassungserklärung, Rz. 30). Voraussetzung: Die notarielle Unterlassungserklärung ist ernsthaft, indem der Verletzer erklärt, die Kosten der anschließenden Ordnungsmittelandrohung tragen zu wollen. Die Tücken stecken aber im Detail, vor allem im zeitlichen Ablauf. Dem BGH ist nicht entgangen, dass der Unterlassungsgläubiger vom Zugang der notariellen Unterlassungserklärung bis zum gerichtlichen Beschluss über die Androhung des Ordnungsmittels manche Klippen zu umschiffen hat. Zunächst muss er mit der notariellen Unterlassungserklärung zu einem Gericht gehen, um einen Beschluss über die Androhung von Ordnungsmitteln zu erwirken. Wenn dieser dann dem Verletzer zugestellt wurde, muss er noch zwei Wochen warten, bis er vollstrecken darf (§ 798 ZPO).

Für eilige Fälle - und in der Regel geht es im Wettbewerbsrecht, Markenrecht und Designrecht um eilige Fälle - ist die notarielle Unterlassungserklärung daher nicht geeignet. Sie ist aber einem Unterlassungsgläubiger auch aus anderen Gründen nicht zu empfehlen. Denn schon über die Frage, welches Gericht für einen Ordnungsmittelandrohungsbeschluss zuständig ist, herrscht Streit (dazu unten). Ein Unterlassungsgläubiger muss sich auf eine notarielle Unterlassungserklärung daher nicht einlassen. Er kann sich vielmehr entscheiden: Geht er mit der Erklärung zu Gericht und beantragt einen Ordnungsmittelandrohungsbeschluss oder lässt er sich hierauf nicht ein und beantragt stattdessen eine einstweilige Verfügung oder erhebt Klage (BGH v. 21.04.2016 - I ZR 100/15 - Notarielle Unterlassungserklärung).

Immerhin: Ein Beschluss über die Androhung von Ordnungsmitteln aufgrund einer notariellen Unterlassungserklärung ist ein vergleichsweise günstiger Titel. Aus ihm kann man bei einem erneuten Verstoß die Zwangsvollstreckung betreiben, ohne dass man zuvor ein teures gerichtliches Verletzungsverfahren geführt haben muss.

"Verzicht auf den Fortsetzungszusammenhang"?

Regelmäßig findet man in der vorformulierten Vertragsstrafezahlungsverpflichtung die Formulierung „unter Verzicht auf die Einwände des Fortsetzungszusammenhangs“ oder eine ähnliche Formulierung. Diese sollte immer gestrichen werden. Der Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs ist zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr nicht nur nicht erforderlich. Wenn er gefordert wird, ist dies ein Indiz für einen Rechtsmissbrauch (BGH v. 15.12.2011 – I ZR 174/10 – Bauheizgerät; für systematisches Bestehen auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs zu verzichten: BGH NJW 1993, 721 - Fortsetzungszusammenhang).

Feste Vertragsstrafe oder "Hamburger Brauch"?

Als Höhe der Vertragsstrafe haben sich zwei Formulierungen durchgesetzt. Entweder wird ein fester Betrag je Verstoß gefordert. Oder es wird eine Vertragsstrafe nach dem sog. „Hamburger Brauch" gefordert: Für jeden Verstoß soll der Abgemahnte eine vom Abmahnenden festzusetzende angemessene Vertragsstrafe bezahlen, deren Angemessenheit im Streitfall von dem zuständigen Gericht zu überprüfen ist. Die Höhe der Vertragsstrafe darf allerdings nicht vom Gericht festgesetzt werden. Das Gericht darf lediglich eine vom Abmahnenden festgesetzte Vertragsstrafe überprüfen (BGH GRUR 1978, 192 - Hamburger Brauch).

Die "modifizierte Unterlassungserklärung"

Warum ist es stets sinnvoll, eine modifizierte Unterlassungserklärung abzugeben?

Die Abgabe einer modifizierten (geänderten) strafbewehrten Unterlassungserklärung nach Erhalt einer Abmahnung etwa im Markenrecht oder Wettbewerbsrecht, ist immer zu empfehlen: Eine modifizierte Unterlassungserklärung muss der Absender einer Abmahnung ausdrücklich annehmen, wenn sie in wesentlichen Punkten geändert wurde. Manche vergessen dies. Fehlt die Annahmeerklärung, geht zwar die Wiederholungsgefahr unter. Es kommt aber kein Unterlassungsvertrag zu Stande. Die Folge: Der Abmahnende würde eine Unterlassungsklage verlieren, weil die Wiederholungsgefahr untergegangen ist. Und für künftige Verstöße kann er keine Vertragsstrafe fordern, weil eine Vertragsstrafevertrag nicht zustandegekommen ist. 

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 17. 9. 2009 - I ZR 217/07) ist das in der Zusendung einer vorformulierten Unterlassungserklärung liegende Angebot auf Abschluss eines Unterlassungsvertrag in der Regel nicht befristet. Es muss damit vom Absender der Abmahnung nicht unverzüglich angenommen werden, sondern kann jederzeit angenommen werden.

Eine Ausnahme gilt für die sog. „aufgedrängte Drittunterwerfung": Hier gibt der Abgemahnte die Unterlassungserklärung nicht gegenüber dem Abmahner ab, sondern gegenüber einem Dritten, etwa einem Wettbewerbsverband. Hier muss der Empfänger der unverlangten Unterlassungserklärung diese ausdrücklich annehmen, damit die Wiederholungsgefahr beseitigt wird (OLG Frankfurt, Urteil v. 9.10.2008, Az. 6 U 128/08). Als Abänderung gilt beispielsweise die Herabsetzung einer zu hohen Vertragsstrafe auf ein angemessenes Maß oder die Beschränkung der Verletzungsform auf die tatsächlich begangene Verletzungshandlung.

In welcher Höhe ist eine Vertragsstrafe ernst gemeint?

Wer die versprochene (feste) Vertragsstrafe herabsetzt, riskiert, dass das Vertragsstrafeversprechen nicht ernst gemeint ist. In einem solchen  Fall wäre die Wiederholungsgefahr und damit auch das Risiko einer Klage nicht gebannt.  Angemessen und ernst gemeint ist in vielen Fällen eine Vertragsstrafe von € 5.001,00, nicht selten aber auch darunter oder darüber. Ein Betrag von über € 5.000,00 wird von vielen Anwälten deswegen gerne genommen, weil ab einem Gegenstandswert von € 5.000,01 auf jeden Fall die Landgerichte zuständig sind, die solche Vertragsstrafestreitigkeiten oft kompetenter entscheiden können, als die Amtsgerichte. Tatsächlich sind für Vertragsstrafestreitigkeiten im gewerblichen Rechtsschutz aber unabhängig vom Gegenstandswert ohnehin die Landgerichte zuständig.

In urherberrechtlichen Streitigkeiten hält die Rechtsprechung jedenfalls Vertragsstrafeversprechen unter € 2.500,00 meistens nicht für ernst gemeint (OLG Frankfurt, Hinweisbeschluss v. 15.12.2022 - 11 U 100/22).

Risiken bei Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung

Die Formulierung einer eigenen „modifizierten“ Unterlassungserklärung ist für den Abgemahnten eine nicht selten heikle Gratwanderung: Formuliert er zu eng, entfällt u.U. die Wiederholungsgefahr nicht. Er riskiert den teuren Prozess, den er ja durch Abgabe der Unterlassungserklärung gerade vermeiden wollte. Formuliert er zu weit, riskiert er Vertragsstrafen für künftige Handlungen, die nach dem Gesetz nicht zu beanstanden wären.

Eine eigene modifizierte Unterlassungserklärung muss aber auch „ernsthaft“ abgegeben werden. Das ist beispielsweise dann nicht der Fall, wenn die Unterlassungserklärung ohne Anschrift des Abgemahnten abgegeben wird und dessen Aufenthalt unbekannt ist (vgl. LG Düsseldorf v. 7.6.2013 - 34 O 112/10).

Eine Unterlassungserklärung muss auch ohne Bedingung abgegeben werden (BGH 07.10.1982 - I ZR 120/80 – Vertragsstrafeversprechen). Ausnahmsweise darf eine Unterlassungserklärung aber unter dem Vorbehalt einer Änderung der Rechtslage abgegeben werden (BGH v. 1.4.1993, I ZR 136/91 – Bedingte Unterwerfung).

    Bedingungen in einer Unterlassungserklärung

    Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung muss eindeutig und hinreichend bestimmt sein und den ernstlichen Willen des Schuldners erkennen lassen, die betreffende Handlung nicht mehr zu begehen und daher durch ein angemessenes Vertragsstrafeversprechen abgesichert sein. Sie muss außerdem den bestehenden gesetzlichen Unterlassungsanspruch nach Inhalt und Umfang voll abdecken und dementsprechend uneingeschränkt, unwiderruflich, unbedingt und grundsätzlich auch ohne die Angabe eines Endtermins sein (BGH v. 12.1.2017 – I ZR 117/15 - YouTube-Werbekanal).

    Unterlassungserklärung unter der auflösenden Bedingung einer "allgemein verbindlichen" Klärung

    Bisweilen werden Unterlassungserklärungen abgeben

    "unter der auflösenden Bedingung einer allgemein verbindlichen, d.h. auf Gesetz oder höchstrichterlicher Rechtsprechung beruhenden Klärung" des zu unterlassenden Verhaltens.

    Eine solche Unterlassungserklärung ist nach Ansicht des OLG Frankfurt zulässig und lässt die Wiederholungsgefahr entfallen (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 04.05.2017 - 6 W 21/17 - Beseitigung der Wiederholungsgefahr durch Unterwerfungserklärung mit Vorbehalt).

    Unterlassungserklärung unter der auflösenden Bedingung einer "eindeutigen" Klärung

    Eine Unterlassungserklärung unter der auflösenden Bedingung

    "einer auf Gesetz oder höchstrichterlicher Rechtsprechung beruhenden eindeutigen Klärung"

    des zu unterlassenden Verhaltens lässt aber die Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Denn es ist unsicher, ab wann genau die „eindeutige Klärung“ einer bestimmten Rechtsfrage in der Rechtsprechung angenommen werden kann (OLG Hamburg, Urteil vom 22.01.2015 - 5 U 271/11 - partnership).

    Unterlassungserklärungen mit anderen Bedingungen

    Andere Einschränkungen oder Bedingungen, als solche, die sich auf eine Änderung des Gesetzes oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung beziehen, vertragen sich grundsätzlich nicht mit dem Sinn und Zweck einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, nämlich ohne gerichtliche Inanspruchnahme eine klare Grundlage für die Sanktion künftiger Verstöße zu haben (BGH Urteil v. 07.06.1982 – VIII ZR 139/81; BGH GRUR 1993, 677 – Bedingte Unterwerfung).

    Unzulässig ist es daher, im Urheberrecht eine Unterlassungserklärung abzugeben unter der

    "Potestativbedingung der Urheberschaft/Aktivlegitimation"

    (siehe OLG Hamburg v. 16.10.2014 - 5 U 39/13). Denn im Urheberecht ist - anders als etwa bei der Verletzung einer eingetragenen Marke - die Aktivlegitimation oft nicht eindeutig zu klären. Außerdem sei unklar, was mit "Potestativbedingung" gemeint sei (OLG Hamburg a.a.O.).

    Abgabe der Unterlassungserklärungen im Original?

    BGH v. 12.1.2023 - I ZR 49/122 - Unterwerfung durch PDF

    Eine Unterlassungserklärung ist ernsthaft, wenn sie mit einer ausreichenden Vertragsstrafe versehen ist, die für den Fall eines Verstoßes gegen die Unterlassungserklärung versprochen wird (BGH v. 9.11.1995 – I ZR 212/93 – Wegfall der Wiederholungsgefahr I). Nicht ernsthaft ist beispielsweise eine Unterlassungserklärungen, die ohne Anschrift des Abgemahnten abgegeben wird und dessen Aufenthalt unbekannt ist (vgl. LG Düsseldorf v. 7.6.2013 - 34 O 112/10). Das gleiche gilt, wenn die Unterlassungserklärung unter einer Bedingung abgegeben wird  (BGH 07.10.1982 - I ZR 120/80 – Vertragsstrafeversprechen). Ausnahmsweise darf eine Unterlassungserklärung aber unter dem Vorbehalt einer Änderung der Rechtslage abgegeben werden (BGH v. 1.4.1993, I ZR 136/91 – Bedingte Unterwerfung).

    Fehlende Ernsthaftigkeit bei Weigerung, eine Originalerklärung zu übersenden?

    Eine Unterlassungspflicht ist höchtspersönlicher Natur. Der Nachweis einer gefälschten Unterschrift ist nur durch ein Schriftgutachten möglich. Ohne einer Unterschrift im Original kann ein Schriftgutachter eine Unterschrift nur eingeschränkt prüfen. In vielen Abmahnungen fordern die Abmahnenden daher, eine Unterlassungserklärung im Original zumindest nachzureichen. Die Rechtsprechung hatte in der Vergangenheit eine Ernsthaftigkeit verneint, wenn ein abgemahnter Unterlassungsschuldner eine Unterlassungserklärung nur per Fernschreiben übersandt und trotz Aufforderung das Original nicht nachgereicht hatte (BGH v. 8.3.1990 - I ZR 116/88 - Unterwerfung durch Fernschreiben). Das gleiche galt für eine Übersendung per Telefax (OLG München v. 19.5.1993 - 6 W 1350/93 - Wirksamkeit einer per Telefax übersendeten Unterlassungserklärung). Diese Rechtsprechung hat der BGH nun geändert. Das gilt zumindest für diejenigen Fälle, in denen ein Kaufmann eine Unterlassungserklärung abgibt.

    Formfreiheit bei Schuldanerkenntnissen unter Kaufleuten

    Der Fall: Beide Parteien waren Kaufleute. Der Beklagte übersandte an die Klägerin eine Werbe-E-Mail. In dieser warb er für Masken und Corona-Schnelltests. Eine Zustimmung der Klägerin für diese Werbung hatte der Beklagte nicht. Wegen dieses Eingriffs in den eingerichteten uns ausgeübten Gewerbebetrieb forderte die Klägerin mit einer Abmahnung von dem Beklagten die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. In der Abmahnung wies die Klägerin darauf hin, dass eine vorab per E-Mail oder Fax übersandte Unterlassungserklärung genüge, wenn die Unterlassungserklärung im Original nachgereicht werde. Der Beklagte unterschrieb die Unterlassungserklärung, scannte die unterschriebene Unterlassungserklärung ein und übersadte diese per E-Mail an die Klägerin. Daraufhin erhob die Klägerin Klage. Sie meinte, die Wiederholungsgefahr sei durch die nur per E-Mail übersandte Unterlassungserklärung nicht ausgeräumt worden. Es würde die Ernstlichkeit fehlen.

    Dem hat der Bundesgerichtshof nun wiedersprochen. Unter Kaufleuten gelte bei Abgabe von Unterlassungserklärungen Formfreiheit. Ein durch Abgabe und Annahme einer Unterlassungserklärung enstandene Unterlassungsvertrag ist ein abstraktes Schuldanerkenntnis (BGH v. 5.3.1998 - I ZR 202/95 - Altunterwerfung III). Auf Schuldanerkenntnisse, die ein Kaufmann im Rahmen seines Gewerbes abgibt, gelten die gesetzlichen Formvorschriften nicht. Solche Schuldanerkenntnisse sind auch formos wirksam (§ 350 HGB). Die Rechtsprechung der Vergangenheit sei außerdem durch den inzwischen in Kraft getretenen § 126b BGB überholt. Nach dieser Vorschrift reicht zur Wahrung der Textform auch eine einfache E-Mail.

    Zumindest unter Kaufleuten sei daher die Abgabe einer Unterlssungserklärung auch dann ernstgemeint, wenn diese als eingescanntes PDF per E-Mail übersandt werde (BGH v. 12.1.2023 - I ZR 49/122 - Unterwerfung durch PDF).

    Pflichten nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung

    Pflicht zur Unterlassung

    Wer eine Unterlassungserklärung unterschrieben hat, sollte also umgehend dafür sorgen, dass die rechtsverletzende Handlung sofort unterlassen und eingestellt wird. Wird z.B. eine Werbeaussage auf einer Website als irreführende geschäftliche Handlung beanstandet, sollte sie nicht nur diese, sondern unbedingt auch alle ähnlichen Aussagen auf der betreffenden Website entfernt werden. Einmal abgegeben werden Unterlassungsverpflichtungen vom Abgemahnten gerne auch verdrängt oder vergessen. Nicht aber vom Abmahner. Neuerlicher Verstöße nach Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung sind in der Praxis recht häufig.  

    TIPP: Unbedingt sollten auch die Mitarbeiter instruiert werden. Auch für deren Verstöße haftet nämlich der Vertragsstrafeschuldner.

    Rückrufpflicht

    Wer eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat, muss nicht nur dafür sorgen, dass er die Rechtsverletzung umgehend einstellt. Wenn er rechtsverletzende Waren verkauft hat, muss er diese auch zurückrufen. Hierfür muss er seine Abnehmer auffordern, die Ware zurückzurufen, wenn anders die Rechtsverletzung nicht beseitigt werden kann  (BGH, Urt. v. 4.5.2017 – I ZR 208/15 - Luftentfeuchter).

    Drittwirkung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung

    Eine einmal abgegebene Unterlassungserklärung beseitigt die Wiederholungsgefahr für die konkrete Rechtsverletzung auch gegenüber anderen Unterlassungsgläubigern. Wer für eine Rechtsverletzung abgemahnt wurde und verschweigt, dass er wegen derselben Rechtsverletzung bereits eine Unterlassungserklärung gegenüber einem Dritten abgegeben hat, macht sich allerdings schadensersatzpflichtig.

    "Dauer" einer Unterlassungserklärung

    Durch eine unverändert abgebene oder eine modifiziert abgegebene und angenommene Unterlassungserklärung kommt ein Unterlassungsvertrag zustande. Ein solcher kann nicht "verjähren". Verjähren können nur Ansprüche, die auf einem solchen Vertrag beruhen.

    Unterlassungserklärung 30 Jahre wirksam?

    Der im Internet gelegentlich zu lesende Satz, eine Unterlassungserklärung sei „30 Jahre wirksam“ ist daher falsch: Ein einmal abgegebenes Unterlassungsversprechen hält theoretisch bis zum "Sankt Nimmerleinstag". Es kann im Fall einer Geschäfts- oder Firmenfortführung sogar den Erwerber des Unternehmens als Rechtsnachfolger binden (OLG Hamm NJW-RR 1995, 608).

    "Verjährung" der Unterlassungserklärung?

    Der Unterlassungsvertrag selbst „verjährt“ aber nicht.  Es verjähren vielmehr die nach Verstoß gegen den Unterlassungsanspruch entstehenden Vertragsstrafeansprüche in drei Jahren.

    Kündigung des Unterlassungsvertrags

    Die Beendigung eines Unterlassungsvertrags ist praktisch nur selten möglich. In Frage kommen nur drei Fälle: Eine Kündigung wegen Änderung von Gesetz oder Rechtsprechung, eine Kündigung wegen Rechtsmissbrauchs oder (noch seltener) eine Anfechtung des Unterwerfungsvertrags.

    Außerordentliche Kündigung des Unterlassungsvertrags aus wichtigem Grund

    Nach der Rechtsprechung des BGH rechtfertigt der Wegfall des dem Unterlassungsvertrag zugrundeliegenden gesetzlichen Unterlassungsanspruchs die außerordentliche Kündigung des Unterlassungsvertrags wegen Unzumutbarkeit (BGHZ 133, 316 [321] - Altunterwerfung I). Hierfür gibt es zwei anerkannte Fallgruppen: Eine Gesetzesänderung und eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung:

    Kündigung wegen Gesetzesänderung

    Ein Unterlassungsvertrag kann auch gekündigt werden, wenn der Unterlassungsanspruch dem Gläubiger wegen einer Gesetzesänderung unzweifelhaft nicht mehr zusteht (BGHZ 133, 316 – Altunterwerfung I; BGH, GRUR 2001, 85 [86] – Altunterwerfung IV).

    Irrtum über die Schutzfähigkeit eines Markenbestandteils mit Rechtsprechungsänderung vergleichbar? Der Fall BGH "fishtailparkas":

    Der Benutzer der Bezeichnung „fishtailparka“ gibt gegenüber dem Inhaber der Wortbildmarke „fishtailparkas“ (siehe Abbildung oben) eine Unterlassungserklärung ab. Beide Parteien gehen davon aus, dass der Bildbestandteil für die Unterscheidungskraft irrelevant sei. Das DPMA ist in einem Löschungsverfahren für diese Marke aber anderer Ansicht: Der Wortbestandteil sei für Oberbekleidung beschreibend und erst der Bildbestandteil mache die Marke schutzfähig. Der Benutzer der Bezeichnung (Unterlassungsschuldner) erklärt daraufhin die außerordentliche Kündigung des Unterlassungsvertrags. Er meint, das sei mit der Änderung eines Gesetzes oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung vergleichbar. Denn die Geschäftsgrundlage des Unterlassungsvertrags sei die Schutzfähigkeit des Wortbestandteils der Marke gewesen.

    Der BGH hat dem widersprochen: Da das DPMA die Marke nicht gelöscht habe, hätte bei einem gerichtlichen Titel eine Vollstreckungsabwehrklage auch keinen Erfolg gehabt. Dass das DPMA die Schutzfähigkeit der Markenbestandteile anders einschätze, als beide Parteien, sei Risiko des Unterlassungsschuldners und rechtfertige keine außerordentliche Kündigung (BGH v. 8.5.2014 – I ZR 210/12 – fishtailparka).

    Kündigung wegen Änderung der Rechtsprechung

    Einer Gesetzesänderung steht gleich, dass das dem Schuldner untersagte Verhalten auf Grund einer höchstrichterlichen Leitentscheidung nunmehr eindeutig rechtmäßig ist (BGHZ 181, 373 = GRUR 2009, 1096 Rn. 17 ff. – Mescher weis). Maßgeblich dafür ist, dass der Schuldner in einem solchen Fall die Zwangsvollstreckung aus einem entsprechenden gerichtlichen Titel im Wege einer Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO für unzulässig erklären lassen kann (BGH v. 8.5.2014 – I ZR 210/12 – fishtailparka).

    Fristlose Kündigung wegen Rechtsmissbrauchs?

    Ein fristlose Kündigung des Unterlassungsvertrags ist möglich, wenn der Unterlassungsvertrag auf einer rechtsmissbräuchlichen Abmahnung beruht (BGH v. 14.2.2019 - I ZR 6/17 - Kündigung der Unterlassungsvereinbarung). Der Rechtsmissbrauch muss aber schon im Zeitpunkt der Abmahnung vorgelegen haben. Oft wendet der Unterlassungsgläubiger nämlich ein, das Fordern der Vertragsstrafe sei rechtsmissbräuchlich. Der BGH stellte klar, dass der Rechtsmissbrauch schon im Zusammenhang mit der Abgabe der Unterlassungserklärung bestanden haben muss. Die späteren Vertragsstrafeforderungen sind daher für die Frage des Rechtsmissbrauchs irrelevant, wenn nicht schon die Abmahnung selbst rechtsmissbräuchlich war (BGH v. 31.05.2012 - I ZR 45/11 - Missbräuchliche Vertragsstrafe).

    Anfechtung der Unterlassungserklärung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung

    Wenn in einer Abmahnung der Abmahnende über seine Aktivlegitimation täuscht, also eine solche tatsächlich nicht besteht, kann die daraufhin abgegebene Unterlassungserklärung wegen arglistiger Täuschung angefochten werden (OLG Stuttgart v. 11.06.2015 - 2 U 136/14 - Apotheker-Domains; LG Saarbrücken v. 01.02.2007 - 11 S 164/05, nachfolgend BGH v. 10.06.2009 - I ZR 37/07 - Unrichtige Aufsichtsbehörde). Ein Irrtum über die Wettbewerbswidrigkeit des abgemahnten Verhaltens rechtfertigt aber keine Anfechtung. Denn dies ist ein unbeachtlicher Motivirrtum (OLG Hamm v. 22.03.202 - I-4 U 197/11 - EDV-Gutachten; OLG Stuttgart v. 11.06.2015 - 2 U 136/14 - Apotheker-Domains).

    Beendigung des Unterlassungsvertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage

    Die Auflösung (oder Anpassung) eines Vertrages wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage muss zur Vermeidung untragbarer, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbarer Folgen unabweislich erscheinen (BGH v. 26.09.1996 I ZR 265/95 - Altunterwerfung I). An die Vertragsauflösung auf Grund Wegfalls der Geschäftsgrundlage sind strengere Anforderungen zu stellen als an die außerordentliche Kündigung (BGH v. 8.5.2014 – I ZR 210/12 – fishtailparka). Sie kommt daher in der Praxis nicht vor. Denn auch der Wegfall der Geschäftsgrundlage lässt nur ein Recht zur außerordentlichen Kündigung entstehen und dies auch nur dann, wenn eine Vertragsanpassung nicht zumutbar ist. Bis zur Kündigung besteht die Vertragsstrafeverpflichtung nämlich fort (BGH v. 26.09.1996 I ZR 265/95 - Altunterwerfung I).

    Einwände gegen Vertragsstrafeforderung auch ohne Kündigung möglich

    Rechtsmissbrauch steht Vertragsstrafeanspruch auch ohne Kündigung entgegen

    Der BGH hatte bis zum Jahr 2019 offengelassen, ob ein Rechtsmissbrauch einer Vertragsstrafeforderung auch ohne Kündigung des Unterlassungsvertrags entgegengehalten werden kann (BGH v. 31.05.2012 - I ZR 45/11 - Missbräuchliche Vertragsstrafe). Das KG Berlin hat dies tatsächlich bejaht. Das KG Berlin hatte Vertragsstrafeansprüche aus einer auf Rechtsmissbrauch beruhenden Unterlassungserklärung auch ohne Kündigung des Unterlassungsvertrags verneint. Es hat dabei auch Umstände berücksichtigt, die erst nach Abgabe der Unterlassungserklärung zu Tage getreten sind, die aber Rückschlüsse zulassen auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten bei Abgabe der Unterlassungserklärung (KG Berlin v. 9.12.2016 - 5 U 163/15, 5 W 27/16 - Vorgeschobene Marktbereinigung II). Der BGH hat dies bestätigt: Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung, die aufgrund einer rechtsmissbräuchlichen Abmahnung abgegeben wird, kann auch ohne Kündigung "entwertet" werden. Wer eine solche strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat, kann der Vertragsstrafeforderung den Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenhalten (BGH v. 14.2.2019, I ZR 6/17 - Kündigung der Unterlassungsvereinbarung).

    Ebenfalls ohne Kündigung möglich: Einwand unzulässiger Rechtsausübung wegen Gesetzesänderung

    Ebenfalls ohne Kündigung kann einem vertraglichen Vertragsstrafeanspruch ausnahmsweise der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegenstehen, wenn der Anspruch dem Gläubiger wegen einer erfolgten Gesetzesänderung unzweifelhaft nicht mehr zusteht.

    Bsp.: Durch Inkrafttreten des geänderten UWG am 1.8.1994 wurde eingeführt, dass Verbände eine erhebliche Anzahl von Gewerbetreibenden auf demselben Markt haben müssen, wie der Unterlassungsschuldner. Wenn ein Verband diese Anzahl nicht hat und dadurch seine Aktivlegitimation für den gerügten Verstoß verliert, rechtfertigt dies den Einwand unzulässiger Rechtsausübung (BGH v. 26.09.1996 I ZR 265/95 - Altunterwerfung I).

    Auch wenn das  Verhalten, dass der Abgemahnte nach seiner Unterlassungserklärung zu unterlassen versprochen hat, wegen einer Gesetzesänderung erlaubt wird, kann der Abmahnende bei einem Verstoß aber dennoch nicht die Vertragsstrafe fordern. Auch ein solches Verhalten wäre eine unzulässige Rechtsausübung (BGH v. 15.12.2011 - I ZR 174/10 - Bauheizgerät, Rz. 57).

    Verstoß gegen strafbewehrte Unterlassungserklärung und Vertragsstrafe

    Voraussetzung und Höhe der Vertragsstrafe

    Verstößt der Abgemahnte schuldhaft gegen die Unterlassungsverpflichtung in einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, wird die vereinbarte Vertragsstrafe fällig. Voraussetzung: Die Unterlassungserklärung wurde nicht oder nur unwesentlich modifiziert. Sonst muss eine strafbewehrte Unterlassungserklärung angenommen werden, damit die Vertragsstrafe fällig wird. Grundsätzlich bezieht sich das Versprechen einer Vertragsstrafe nicht auf Handlungen vor dem Zustandekommen der Vertragsstrafevereinbarung (BGH, Urteil v. 18.5.2006 - I ZR 32/03 - Vertragsstrafvereinbarung). Vertragsstrafen können daher erst ab Zustandekommen der Vertragsstrafevereinbarung (Unterlassungsvertrag) gefordert werden.

    Verstoß gegen Unterlassungserklärung lässt neue Wiederholungsgefahr entstehen

    Zweite Abmahnung wegen eines vergleichbaren Verstoßes möglich

    Als zweite Konsequenz eines Verstoßes gegen die Unterlassungserklärung entsteht die Wiederholungsgefahr erneut. Diese Wiederholungsgefahr geht jetzt erst dann unter, wenn eine höhere Vertragsstrafe versprochen wird. Es ist also eine zweite Abmahnung wegen des gleichen Grunds mit erhöhter Vertragsstrafeforderung möglich.

    Vertragsstrafe nur bei Verschulden

    Die Vertragsstrafe wird aber nur bei Verschulden des Vertragsstrafeschuldners (des Abgemahnten) fällig. Der Verletzer muss also wenigstens fahrlässig gehandelt haben. Für ein Verschulden reicht ein Verschulden der Erfüllungsgehilfen des Vertragsstrafeschuldners. Ob der neue Verstoß vom Vertragsstrafeversprechen umfasst wird, ist durch Auslegung des Unterlassungsvertrags nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen zu ermitteln. Hier ist vor allem die „Kernbereichsrechtsprechung“ zu berücksichtigen.

    Höhe der Vertragsstrafen bei "Hamburger Brauch"

    Wenn eine Vertragsstrafe nach modifiziertem "Hamburger Brauch" versprochen wurde, gibt es oft Streit über die Höhe der fälligen Vertragsstrafe. Der Schuldner einer derartigen Verpflichtung kann eine Vertragsstrafeforderung des Unterlassungsgläubigers gerichtlich dahingehend überprüfen lassen, ob der Gläubiger die Höhe angemessen festgesetzt hat. Bei der gerichtlichen Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB ist auch die Art und Größe des Unternehmens des Vertragsstrafeschuldners zu berücksichtigen (OLG Karlsruhe GRUR-RR 2016, 92). Dementsprechend hatte das OLG Karlsruhe eine Vertragsstrafe für einen Verstoß gegen eine Unterlassungsverpflichtung in Höhe von € 4.000,00 nur angesichts der Größe des Unternehmens der Vertragsstrafeschuldnerin als angemessen angenommen, weil ein großes umsatzstarkes Unternehmen nur „bei Verhängung empfindlicher Vertragsstra-fen“ zur Einhaltung der Verpflichtung zur Grundpreisangabe angehalten werden kann. Das dem Sachverhalt zu Grunde liegende Unternehmen erzielte einen Jahresumsatz von € 160.000.000,00. Außerdem spielt die Schwere des Verschuldens (Vorsatz? Fahrlässigkeit? Leichte Fahrlässigkeit?) eine Rolle. Je geringer das Verschulden des Vertragsstrafeschuldners war, desto geringer wird oft auch die angemessene Vertragsstrafe sein.

    Mehrere Verstöße gegen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung

    Über Vertragsstrafehöhen bei mehreren Verstößen gegen eine nach "Hamburger Brauch" versprochenen Vertragsstrafe wird ebenfalls oft gestritten. Schematische Multiplikation sind verfehlt. Liegen mehrere gleichartige, zeitlich nicht zu weit auseinanderliegende, auf Fahrlässigkeit beruhende Verstöße vor, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu prüfen, ob überhaupt nur eine einzige Zuwiderhandlung vorliegt (BGH, Urteil vom 09.07.2015 – I ZR 224/13 – Kopfhörer, Rn 29; Urteil vom 25.01.2001 – I ZR 323/98 – Trainingsvertrag, Rn 29; sämtl. zit. nach juris). In einem solchen Fall wären diese Verstöße rechtlich nur als ein Verstoß zu werten, wenn sie in der Weise zusammenhängen, dass sie gleichartig und unter Außerachtlassung derselben Pflichtenlage begangen worden sind (BGH GRUR 2017, 823 - Luftentfeuchter; BGH GRUR 2015, 2021 - Kopfhörer-Kennzeichnung). Auch wenn mehrere Verstöße nicht als ein einziger Verstoß gewertet werden können, kann die Rechtsprechung bei einem außerordentlichen Missverhältnis der vom Gläubiger geforderten Vertragsstrafe zur Bedeutung der Zuwiderhandlung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben die Vertragsstrafe verringern (vgl. BGH, Urteil vom 17. 7. 2008 - I ZR 168/05 - Kinderwärmekissen).

    Vertragsstrafeforderung bei Annahme der Unterlassungserklärung ohne Vollmacht

    Wenn eine stafbewehrte Unterlassungserklärung von einem Rechtsanwalt angenommen wird, der zu diesem Zeitpunkt keine Vollmacht verfügt, kann für ein Verstoß für die vollmachtslose Zeit eine Vertragsstrafe auch dann nicht gefordert werden, wenn die Annahme später genehmigt wird. Nach § 184  BGB wirkt eine Genehmigung auf den Zeitpunkt zurück, in dem das zu genehmigende Geschäft geschlossen wird. Zwischen dem Zeitpunkt, in dem das Geschäft geschlossen wird (hier: Abschluss des Vertragsstrafevertrags durch Annahme der Unterlassungserklärung) und der Genehmigung hängt der Vertragsstrafevertrag in der Schwebe. In dieser Schwebezeit führt dieser Vertrag zu keinen Verpflichtungen. Vertragsstrafen könnten daher für Verstöße gegen die Unterlassungserklärung während der Schwebezeit nicht gefordert werden (BGH v. 17.11.2014 – I ZR 97/13 – Zuwiderhandlung während der Schwebezeit).

    "Kernbereichsrechtsprechung" - Verstöße auch bei gleichartigen Handlungen

    Besonders gerne unterschätzt wird vom Abgemahnten dabei der Umfang seiner Unterlassungsverpflichtung: Die Rechtsprechung dehnt seine Unterlassungsverpflichtung fast immer über den konkreten Fall hinaus auf „im Kern" vergleichbare Handlungen aus. Das gilt sogar dann, wenn in der Unterlassungserklärung auf die konkrete Verletzungsform Bezug genommen wurde. Auch ein klarer und eindeutiger Wortlaut einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bildet keine Grenze für eine Auslegung, wonach auch im Kern gleichartige Verstöße umfasst sein sollen. Denn der Zweck eines Unterlassungsvertrags spricht meistens dafür, dass die Vertragsparteien durch ihn auch im Kern gleichartige Verletzungsformen erfassen wollten (BGH v. 10.09.2020 - I ZR 237/19 - Zurückweisung der zugelassenen Revision mangels Entscheidungserheblichkeit).

    Beispiele für "kerngleiche Verstöße" gegen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung

    Nach der Rechtsprechung umfasst eine einmal abgegebene Unterlassungsverpflichtung nicht nur die ursprünglich beanstandete Handlung. Sie geht vielmehr viel weiter. Erfasst werden alle „im Kern gleichartigen“ Verstöße. Das sind all diejenigen Verstöße, die das charakteristische der ursprünglichen Verletzungshandlung beinhalten. Als Faustformel kann man sagen: Alle Handlungen, die den Unwert der ursprünglichen Handlung umfassen, gehören zum „Kernbereich“. Das führt immer wieder zu unliebsamen Überraschungen beim Unterlassungsschuldner.

    Beispiel 1 (OLG Köln, Urteil vom 24.05.2017 - 6 U 161/16 - Zauberwaschmittel):

    Die abgemahnte Unterlassungsschuldnerin vertrieb ein „Zauberwaschmittel“, das angeblich Waschmittel spare. Sie gibt eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, wonach sie sich verpflichtet,

    es […] zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für „Zauberwaschkugeln für Waschmaschine und Geschirrspüler“ wie folgt zu werben:
    „Spart Waschmittel“

    Auf der Website der Unterlassungsschuldnerin war eine Kundenbewertung zu lesen:

    „Funktioniert wirklich! Durch das aufgebaute Magnetfeld verändert sich die Struktur des Wassers und es lagert sich weniger Kalk in der Wäsche, am Geschirr und der Waschmaschine, Spülmaschine ab! Dadurch benötigt man auch eine geringere Waschmittelmenge und man spart Geld!“

    Die Unterlassungsschuldnerin wurde zur Zahlung einer Vertragsstrafe verurteilt. Die Begründung: Auch eingestellte Kundenbewertungen seien Werbung und vom Kernbereich der Unterlassungserklärung umfasst.

    Beispiel 2 (nach OLG Köln, Urteil vom 10.06.2016 - 6 U 143/15 - Weiterempfehlungsfunktion):

    Der abgemahnte Unterlassungsschuldner hatte auf dem Amazon-Marketplace Sonnenschirme angeboten, und dabei eine Weiterempfehlungsfunktion im eigenen Onlineshop benutzt, aufgrund derer Werbeemails versandt werden. Nach seiner Unterlassungserklärung verpflichtete er sich, es

    „… zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr beim Vertrieb von Sonnenschirmen, im Internet zu Zwecken des Wettbewerbs,
    Waren und/oder Dienstleistungen mittels der Zurverfügungstellung einer Weiterempfehlungsfunktion zu bewerben, wenn wie auf der Plattform www. …. .de [es folgte die Internetadresse des eigenen Onlineshops des Abgemahnten] geschehen"

    Der Abgemahnte nutzte danach eine entsprechende Weiterempfehlungsfunktion auf dem Amazon-Marketplace. Dies war kein kerngleicher Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung. Denn zwischen den Weiterempfehlungsfunktionen in dem eigenen Onlineshop und der Weiterempfehlungsfunktion auf dem Amazon-Marketplace gab es erhebliche Unterschiede.

    Beispiel 3 (nach OLG Frankfurt, Beschluss vom 23.9.2021 - 6 W 76/21 - Bullshit):

    Der Unterlassungsschuldnerin, einer Influencerin, wurde es verboten, auf ihrem Internetaccount ein Produkt mit "Bullshit" zu bezeichnen. Eine Wiederholung, indem sie das Wort "Bullshit" durch Auslassung bestimmter Buchstaben als "B********t" oder "Noch mehr B***" darstellte, war im Kernbereich des Verbots.

    Umfang des "Kernbereichs" der Unterlassungsverpflichtung

    Eine einmal abgegebene Unterlassungsverpflichtung umfasst also nicht nur die ursprünglich beanstandete Handlung. Sie geht vielmehr viel weiter. Vom "Kernbereich" umfasst sind all diejenigen Verstöße, die das charakteristische der ursprünglichen Verletzungshandlung beinhalten. Als Faustformel gilt: Alle Handlungen, die den Unwert der ursprünglichen Handlung umfassen, gehören zum „Kernbereich“. Das führt immer wieder zu unliebsamen Überraschungen beim Vertragsstrafeschuldner.

    Nicht vom Kernbereich umfasst ist aber eine Vollstreckung eines Unterlassungsurteils für andere Schutzrechte, die nicht im vorangegangenen Erkenntnisverfahren erwähnt wurden. Denn dies wäre eine unzulässige Titelerweiterung (BGH v. 3.4.2014 - I ZB 42/11 - Reichweite des Unterlassungsgebots).

    Beispiele: "Im Kern gleichartig" sind die Veröffentlichung in einer Internetzeitung und die Veröffentlichung in der Printausgabe (BGH v. 18.06.2009 - I ZR 47/07 - Eifel-Zeitung), ebenso eine Printwerbung in einer Zeitung und gleichartige Werbung in Onlinemedien (OLG Stuttgart v. 21.08.2008 - 2 U 41/08).

    Mehrere Verstöße gegen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung

    Gewöhnlich fassen die Gerichte in Vertragsstrafeprozessen mehrere ähnliche Verstöße zu einem oder zumindest weniger als den geltend gemachten Verstößen zusammen (z.B. OLG Koblenz Urteil vom 29.08.2012 - 5 U 283/12). In einem Fall (BGH GRUR 2009, 181 - Kinderwärmekissen) konnte der BGH eine Vielzahl von Vertragsstrafen in Höhe von insgesamt € 53.680.000,00 nur noch aus Billigkeitsgründen auf € 200.000,00 reduzieren.

    Verjährung des Vertragsstrafeanspruchs nach Verstoß gegen die strafbewehrte Unterlassungserklärung

    Besonderheiten bei Vertragsstrafeversprechen nach "Hamburger Brauch"

    Vertragsstrafeansprüche verjähren nach § 199 I BGB mit Ablauf des Jahrs, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger die den Anspruch begründenden Umständen und die Person des Schuldners erfahren hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erfahren können. Nach der Rechtsprechung des BGH ist ein Anspruch im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entstanden, sobald er erstmals geltend gemacht und im Wege der Klage durchgesetzt werden kann. Dafür genügt es nicht, dass der Schuldner die anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale verwirklicht hat. Vielmehr muss der Anspruchs auch fällig geworden sein. Erst ab diesem Zeitpunkt kann der Gläubiger gemäß § 271 BGB die Leistung verlangen und nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB die Verjährung durch Klageerhebung hemmen. Ein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nach "Hamburger Brauch" wird - anders als ein Anspruch auf Zahlung einer festen Vertragsstrafe - aber nicht schon mit dem Verstoß fällig, sondern erst, wenn der Gläubiger nach § 315 Abs. 1 und 2 BGB sein Leistungsbestimmungsrecht gegenüber dem Schuldner ausgeübt und die Höhe der verwirkten Vertragsstrafe festgelegt hat (BGH v. 27.10.2022, I ZR 141/21 - Vertragsstrafenverjährung).

    Muster einer strafbewehrten Unterlassungserklärung im Geschmacksmusterrecht und Designrecht

    Beispiel: Verletzung eines nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters (im Fall: Jacken)

    Firma … GmbH
    - “SCHULDNERIN“ -

    verpflichtet sich gegenüber der

    Firma …
    - „GLÄUBIGERIN“ -

    1.     es ab sofort zu unterlassen, in der Gemeinschaft 

    Jacken,
    [es folgen diejenigen Verletzungshandlungen für die zumindest eine Wiederholungsgefahr vorliegen muss] anzubieten, zu verkaufen, oder sonst in Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, die die folgenden Gestaltungsmerkmale aufweisen [Anmerkung: Ob man in einem eventuell nachfolgenden gerichtlichen Antrag bereits im Antrag die eigenartsbestimmende Merkmale angibt, hängt von dem anzurufenden Gericht ab. Es gibt Gerichte, die halten Merkmalsangaben im Antrag für eine Einschränkung des Schutzumfangs]:

    (1)    [es folgt Gestaltungsmerkmal 1]
    (2)   
    [es folgen weitere Gestaltungsmerkmale]
    (3)   
    (4)    
    (5)   
    (6)   

    wenn diese wie nachfolgend wiedergegeben gestaltet ist:
                
     
    [es folgt die konkrete Verletzungsform]
     
    2.    für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung gegen eine unter Ziffer 1 ge
    nannte Verpflichtung verpflichtet sich die Schuldnerin jeweils zur Zahlung einer Vertrags-strafe in Höhe von € 5.100,00 an die Unterlassungsgläubigerin [Anmerkung: Hier kann auch ein Vertragsstrafeversprechen nach "modifiziertem Hamburger Brauch" formuliert werden];

    3.    vollständig Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen unter Vorlage eines geordneten Verzeichnisses und Vorlage von Auftragsbestätigungen, Rechnungen und Lieferscheinen über Namen und Anschrift der gewerblichen Abnehmer und die Menge der bestellten, erhaltenen und verkauften Jacken sowie über die Preise, die für die betreffenden Bekleidungsstücke bezahlt wurden und schließlich der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des dabei erzielten Gewinns;

    4.    die in ihrem mittelbaren oder unmittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen Bekleidungsstücke gem. Ziff. 1 zum Zweck der Vernichtung an die Gläubigerin oder einen von der Gläubigerin beauftragten Gerichtsvollzieher herauszugeben;

    5.    alle verbreiteten Bekleidungsstücke gem. Ziff. 1 zurückzurufen und aus den Vertriebswegen zu entfernen;

    6.    zum Ersatz sämtlichen Schadens der aufgrund der Handlungen unter Ziffer 1 bisher entstanden sind und noch entstehen werden, insbesondere auch zur Zahlung der Kosten der anwaltlichen Inanspruchnahme in Höhe der Geschäftsgebühr nach 2300 VV RVG, bei einem Ansatz von 1,3 aus einem Gegenstandswert von € 200.000,00 zzgl. Auslagenpauschale.



    ......................................, den ………………….




    …………………………………………………………………………………….

    (Schuldnerin)

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