
Haben Sie Fragen zum Markenrecht?
Sofortige Ersteinschätzung
Rufen Sie uns unverbindlich an oder schreiben Sie uns per Email oder über unser Kontaktformular.
Ihr Ansprechpartner: Thomas Seifried, Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
SEIFRIED Rechtsanwälte
Corneliusstraße 18
60325 Frankfurt am Main (Westend)
0 69 91 50 76 0
info@seifried.pro


Kostenloser Download "Rechtssicher werben 2019"
Das Ebook zum Werberecht: Print, Online, SEA und SEO, Influencer, mit vielen Beispielen aus der Rechtsprechung
Kostenloser Download "Abgemahnt - Die erste-Hilfe-Taschenfibel"
Alles über Abmahnungen und strafbewehrte Unterlassungserklärungen, mit Musterformularen
Praktikerhandbuch Seifried/Borbach
„Schutzrechte und Rechtsschutz in der Mode- und Textilindustrie", 368 Seiten, erschienen 2014 in der dfv-Mediengruppe
Markenmäßige Benutzung von Modellbezeichnungen - "SAM", "MO" und "FRIDA"
Die aktuelle Rechtsprechung der Landgerichte und Oberlandesgerichte zu Markenrechtsverletzungen nach den BGH-Urteilen ,,SAM" und ,,MO"
Zahlreiche als Modellbezeichnung beliebte Begriffe sind als Marke geschützt, beispielsweise "SAM" und "MO" oder "FRIDA" . Daneben sind auch viele andere Bezeichnungen u.a. für Bekleidung markenrechtlich geschützt. Markenrechtsverletzungen durch Nutzungen von Modellbezeichnungen beschäftigen nach wie vor die Gerichte. Ob die Nutzung einer als Marke geschützen Bezeichnung als Modellbezeichnung eine Verletzung eben dieser geschützen Bezeichnung ist, hängt davon ab, ob man in dieser Modellbezeichnung einen Herkunfthinweis sieht oder nicht. Die Nutzung einer Modellbezeichnung kann nur dann eine Marke verletzten, wenn diese Modellbezeichnung „markenmäßig“ benutzt wird. Man muss diese Modellbezeichnung also selbst als (Zweit-)marke ansehen. Wann das der Fall ist, ist bisweilen schwierig einzuschätzen. Auch nach den „SAM“ und „MO“-Urteilen des BGH ist die Rechtsprechung hierzu uneinheitlich geblieben.
BGH, Urteil vom 7.3.2019 - I ZR 195/17 - SAM
In dem „SAM“-Fall ging es um die Frage, ob die Nutzung einer Modellbezeichnung („SAM“) die Marke „SAM“ verletzt. Gegenstand des Verfahrens war das Angebot einer Jeans
„EUREX BY BRAX
Jeans aus Baumwoll-Stretch EUREX by BRAX“
In der Produktbeschreibung war u.a. zu lesen:
„Modell: SAM“
Das Angebot sah folgendermaßen aus:

Der BGH konnte hierin keine Verletzung der Marke „SAM“ erkennen. Er hat in der „SAM“-Entscheidung die folgenden Grundsätze aufgestellt:
Bei der Beurteilung, ob eine Modellbezeichnung in Verkaufsangeboten in Katalogen oder im Internet als markenrechtsverletzende Herkunftshinweis erkannt wird, sind diese Angebote in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Eine Markenrechtsverletzung ist umso eher anzunehmen, je bekannter die Marke ist. Ist die Modellbezeichnung selbst bekannt (wie z.B. die „501“ von Levi‘s), kann die konkrete Art der Verwendung der Modellbezeichnung dafür sprechen, dass der Verkehr sie als Marke auffasst. Bei besonders häufig vorkommenden Vornamen ist es aber denkbar, dass man diese nur als Modellbezeichnung und nicht als Herkunftshinweis ansieht.
Ist die Modellbezeichnung nicht bekannt, kann eine Aufassung als Marke dennoch dann angenommen werden, wenn sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Hersteller- oder Dachmarke verwendet wird. Dagegen wird der angesprochene Verkehr in der Verwendung einer nicht als Marke bekannten Modellbezeichnung an einer unauffälligen Stelle in der Angebotsbeschreibung meistens keine markenmäßige Verwendung sehen. Solche Fälle sind daher - wie in dem „SAM“-Fall“ meistens keine Markenrechtsverletzungen. Dementsprechend hatte anschließend das OLG Frankfurt, an das der BGH die Sache zurückverwiesen hatte, eine Verletzung der Marke „SAM“ durch die Angabe nur in der Artikelbeschreibung abgelehnt (OLG Frankfurt v. 1.10.2019 - 6 U 111/16 - Keine markenmäßige Benutzung eines Vornamens als Modellbezeichnung für Bekleidungsmittel).
BGH, Urteil vom 11.4.2019 - I ZR 108/18 - MO
Der Sachverhalt des „MO“-Urteils war geradezu typisch. Im Fall ging es um das folgende Amazon-Angebot:

Außerdem ging es um die folgende Bezeichnung auf einer Verkaufsrechnung
„Bench Damen Hose MO Large walnut marl
B005FPJ0AG”.
Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte auch hier zunächst noch eine Verletzung der Marke „MO“ angenommen: Man würde „MO“ hier als „Zweitmarke“ ansehen. Der BGH hatte auch dieses Urteil kassiert und die Sache an das OLG Frankfurt zurückverwiesen. Er vermisst Feststellungen dazu, dass hier „MO“ überhaupt als Herkunftshinweis, d.h. „als Marke“ verstanden wird. Der BGH hält es zwar grundsätzlich für möglich, dass eine bekannte Dachmarke oder Modellbezeichnung als Herkunftshinweis verstanden wird und deshalb die Nutzung einer geschützten (oder ähnlichen) Bezeichnung als Modellbezeichnung eine Markenrechtsverletzungen ist. Er nennt hier beispielhaft die bekannte „501“ von Levi’s. Der BGH vermisst in dem „MO“-Fall aber Feststellungen zur Bekanntheit von „MO“. Der BGH weist darauf hin, dass der Verkehr meistens in der vorangestellten Herstellerbezeichnung (im Fall „Bench“) den Herkunftshinweis sieht. Die Urteilsbegründung schließt mit den Worten:
„Bei solche Zeichenfolgen, die zudem Buchstaben und Zahlen enthalten, kann viel dafür sprechen, dass der Verkehr allein in der vorangestellten Herstellerangabe den Herkunftshinweis sieht.“
In Fällen wie diesen wird also nach Ansicht des BGH meistens alleine die Herstellermarke auch als Marke angesehen, nicht aber die Modellbezeichnung, sei dies nun „SAM“ oder „MO“. Eine Ausnahme gilt, wenn die Modellbezeichnung bekannt ist.
Das OLG Frankfurt, an das die Sache zurückverwiesen wurde, hatte allerdings anschließend das Amazon-Angebot erneut als markenrechtsverletzend angesehen. „MO“ sei hier nicht nur Modellbezeichnung, man würde es vielmehr als Zweitmarke ansehen. Das OLG Frankfurt ist hier seiner jahrelang geübten Zweitmarkenrechtsprechung treu geblieben: „MO würde hier „in unmittelbarem Zusammenhang mit der Hersteller- oder Dachmarke“ und in „hervorgehobener Position“ verwendet werden. Auch der Einschub „Damen Hose“ würde nur verdeutlichen, „dass es um zwei selbstständige Zeichen geht, nämlich um eine Dachmarke und eine Zweitmarke speziell für das konkrete Kleidungsstück“. Das Oberlandesgericht Hamburg war in einem vergleichbaren FAll andere Meinung (siehe unten).
Die Bezeichnung auf der Verkaufsrechnung
„Bench Damen Hose MO Large walnut marl
B005FPJ0AG”.
hielt das OLG Frankfurt allerdings nicht mehr für markenrechtsverletzend. „MO“ sei hier „in die Zeichenkombination vollständig integriert“. Hier gelte wiederum der in der „MO“-Entscheidung des BGH aufgestellte Erfahrungssatz „dass der Verkehr allein in der vorangestellten Herstellerangabe den Herkunftshinweis sieht“ (OLG Frankfurt v. 13.8.2020 - 6 U 94/17 - Markenmäßige Benutzung einer Bekleidungsmarke - MO).
Die anschließende erst- und zweitinstanzliche Rechtsprechung
Das Landgericht Frankfurt am Main, dass naturgemäß der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt folgt, hatte in einem einstweiligen Verfügungsverfahren über das folgende Angebot zu entscheiden:

Das Landgericht Frankfurt am Main hielt dieses Angebot für eine Verletzung der Marke „Icebound“ (LG Frankfurt am Main, Beschlussverfügung v. 22.7.2020 - 3-10 O 62/20).
Das Landgericht München I wiederum hielt das folgende Amazon-Angebot für eine Verletzung der Marke „Isha“:

Auch die Bezeichnung auf den nachfolgend abgebildeten Hangtags sollen nach Ansicht des LG München I eine Verletzung der Marken „Isha“ bzw. „Risa“ darstellen:

Das folgende Angebot eines Dirndl wiederum soll nicht die Marke „Risa“ verletzen:

Was das Angebot des „Darts Isha Beanie“ angeht, so ist das Landgericht München I zunächst davon ausgegangen, dass die Bezeichnung „Isha“ nicht bekannt ist. „Isha“ sei aber „in unmittelbaren Zusammenhang mit der Hersteller- oder Dachmarke“ („Darts“) verwendet worden. Die prominente Platzierung an zweiter Stelle der Angebotszeile spräche für eine „(Zweit-)Marke. Auch die Bezeichnung „Isha“ auf dem Hangtag hielt das Landgericht für einen Herkunftshinweis. Verbraucher würden auch nicht Onlineangebot und Hangtag abgleichen. Selbst der Umstand, dass in dem „Stockerpoint“-Angebot die Artikelbeschreibung den Hinweis enthielt „Numéro du modèle de l‘article: Dirndl Risa“, ändere daher nichts daran, dass hier eine Verletzung der Marke „Risa“ vorliege.
Das Amazon-Angebot eines „Stockerpoint Dirndl Risa Femme“ wiederum sei keine Verletzung der Marke „Risa“. Auch „Risa“ sei nicht bekannt, so dass man die Bezeichnung nicht schon aus diesem Grund als Marke ansehen würde. Hier käme noch hinzu, dass „Stockerpoint“ dominant mit einem Logo in Erscheinung trete. „Risa“ sei außerdem in zwei beschreibende Angaben, „Dirndl“ und „Femme“, eingebettet. Insgesamt würde man daher hier „Risa“ daher nicht als Herkunftshinweis (d.h. als Marke), sondern nur als Modellbezeichnung ansehen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Vor dem Oberlandesgericht München ist unter dem Aktenzeichen 29 U 6406/20 die Berufung anhängig.
Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg schließlich hatte in dem folgenden Amazon-Angebot eine Verletzung der Marke „Isha“ abgelehnt (OLG Hamburg v. 28.11.2019 - 5 U 65/18 - Rock Isha).

Die Angebotsüberschrift lautete:
„Chiemsee Damen Kleid Rock Isha
Von Chiemsee“
Zwar könne eine blickfangmäßige Hersausstellung für eine markenmäßige Verwendung sprechen. Das sei hier aber nicht der Fall, so das OLG Hamburg. In Fällen einer Zweitmarke würde diese üblicherweise direkt hinter der Herstellerbezeichnung genannt. Das OLG Hamburg nennt hier beispielhaft „Supreme Nike“ oder „H&M Karl Lagerfeld“. Im konkrete Angebot spreche bereits die Unterzeile „von Chiemsee“ gegen ein „Co-Branding“. Auch in der Produktbeschreibung sei von „hochwertiger Chiemsee Qualität“ die Rede. Schließlich werde aber in der Abfolge der Zeichen ein Zusammenhang zwischen „Chiemsee“ und „Isha“ aufgelöst. „Isha“ würde man daher nicht als Marke ansehen.
Keine einheitliche Entscheidungspraxis
Auch nach den „SAM“ und „MO“-Urteilen des BGH gibt es keine eínheitliche Entscheidungspraxis der Landgerichte und Oberlandesgerichte. Landgericht und Oberlandesgericht Frankfurt am Main scheinen weiterhin an ihrer zeitmarkenfreundlichen Rechtsprechung festzuhalten. Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg scheint hingegen nicht mehr jede Zweitkennzeichnung auch als Markenrechtsverletzung ansehen zu wollen.
Abgemahnt werden die Nutzungen von Modellbezeichnungen aber immer noch umfangreich. Besonders die „FAST Fashion Brands GmbH“, eine Kleinstkapitalgesellschaft und Inhaberin von 161 Marken, mahnt nach wie vor umfangreich Nutzungen von Bezeichnungen wie „MO“, „Isha“, „Risa“ oder „Icebound“ ab. Auch andere Unternehmen gehen nach wie vor gerichtlich und außergerichtlich gegen solche Verwendungen vor. Beispielsweise wird die Nuzung von „Sam“ immer noch abgemahnt. In letzter Zeit wird auch die Nutzung von „Frida“ von einer Gesellschaft aus Panama umfangreich abgemahnt.
Empfehlung für die Nutzung von Modellbezeichnungen
Wer hier mehr Sicherheit haben möchte, sollte unbedingt vor der Nutzung einer Modellbezeichnungen eine Markenrecherche durchführen.
Lesen Sie Hier: So führen Sie eine Markenrecherche durch.
In den betreffenden Angeboten sollte die Modellbezeichnung dann in der folgenden Reihenfolge verwendet werden:
[Herstellerbezeichnung/Marke] [Artikelbeschreibungen, z.B. „Damen Hose“] [Modellbezeichnung]
"Rechtssicher werben" - Der Ratgeber für Werbung und Akquise
Jetzt bestellen und Abmahnungen vermeiden
Erhältlich im Buchhandel oder bei Amazon, ISBN 978-3-00-063110-8.
Leseproben:
Aus KAPITEL 3 - DIE AUSWAHL DES MATERIALS
Aus KAPITEL 4 - INHALT DER WERBUNG
Aus KAPITEL 7 - SUCHMASCHINENWERBUNG (SEARCH ENGINE ADVERTISING - SEA)
Autor: Thomas Seifried, Rechtsanwalt für Markenrecht und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
Aktuelle Informationen im Markenrecht:
- Influencer Marketing und Recht: Private Meinungsäußerung oder kennzeichnungspflichtige Werbung?
- Haben Abmahnungen wegen "SAM" und "MO" nun ein Ende? Das wegweisende BGH Urteil v. 11.4.2019 - I ZR 108/18 - MO
- Das Sperren von Mitbewerbern auf Amazon mit unwirksamen Geschmacksmustern oder Wortbildmarken
- #Influencermarketing: Nicht jede Nennung von Marken ist Werbung – KG Berlin, Urteil v. 8.1.2019 – 5 U 83/18
- Nutzung von Marken in Domain und Google Ads durch einen Wiederverkäufer - BGH v. 28.6.2018, I ZR 236/16 – keine-vorwerk-vertretung
- Markenanmeldungen: Kann eine unwahrscheinlichere Benutzungsabsicht eine fehlende Unterscheidungskraft überwinden? BGH v. 21.6.2018 – I ZB 61/17 – #darferdas?
- Christian Louboutin – Rote Schuhsohle ist als Marke schutzfähig - EuGH Urteil vom 12.06.2018- C-163/16 - Christian Louboutin
- Adidas verbietet Vertrieb von Puma-Modellen - Verletzung einer drei-Streifen-Positionsmarke - Auch eigene ältere Marke half nicht - BGH, Urteil vom 9.11.2017 - I ZR 110/16 – form-strip II
- Inhaber von Zweibuchstabendomain „Ki.de“ muss Domain freigeben - BGH v. 14.07.2017 - I ZR 202/16 - ki.de - Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen
- Voraussetzungen der rechtserhaltenden Benutzung einer Marke - BGH v. 11.05.2017 - I ZB 6/16 - Dorzo
- Das „Anhängen auf Amazon“ an fremde Angebote und Angebotsmanipulationen - BGH v. vom 3.3.2016 – I ZR 140/14 – Angebotsmanipulation bei Amazon
- Adidas muss die Anmeldung einer Zwei-Streifen-Positionsmarke nicht dulden - EuGH v. 17.02.2016 – C-396/15
- Neues europäisches Markenrecht 2016: “Gemeinschaftsmarke” wird am 23.03.2016 zur “Unionsmarke” – Die wichtigsten Änderungen mit Beispielen