Geschäftsgeheimnisse

Der rechtliche Schutz von Geschäftsgeheimnissen

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Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen nach dem GeschGehG

Die Rechtsprechung zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen nach dem GeschGehG

Kundendaten, Lieferantenquellen oder Konstruktionsinformationen sind wertvolle Informationen. Ausscheidende Mitarbeiter bedienen sich häufig daran. Entweder möchten sie so ihren Marktwert für einen neuen Arbeitgeber erhöhen oder sie gründen mit diesen Informationen gleich ein Konkurrenzunternehmen. Hier kann das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) helfen. Seit dem 26.4.2019 ist der Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen nicht mehr im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), sondern im GeschGehG geregelt. Entscheidungen zum GeschGehG sind bisher rar. Zu einem großen Teil gelten auch bezüglich des GeschGehG die bisherigen, noch zur Zeit der Geltung des wettbewerbsrechtlichen Schutzes entwickelten Grundsätze. Neu sind allerdings die „angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen“, ohne die ein Schutz von Geschäftsgeheimnissen nicht mehr zu haben ist.

Definition Geschäftsgeheimnis

Ein Geschäftsgeheimnis ist nach der vor Inkrafttreten des GeschGehG entwickelten Rechtsprechung jede im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb stehende Tatsache, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis bekannt ist und nach dem bekundeten, auf wirtschaftlichen Interessen beruhenden Willen des Betriebsinhabers geheimgehalten werden soll (vgl. KG v. 10.11.2020 - 6 W 1029/20; BGH v. 26.2.2009, I ZR 28/06 Rn. 13 – Versicherungsuntervertreter).

§ 2 Nr. 1 GeschGehG definiert ein Geschäftsgeheimnis als eine Information, die

a) weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und die

b) Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist und bei der

c) ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht.

Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.

Allgemein bekannt ist eine Information, wenn sie zum gängigen Kenntnis- und Wissensstand der breiten Öffentlichkeit oder einer dem maßgeblichen Fachkreis angehörenden durchschnittlichen Person gehört. Dies ist z. B. der Fall, wenn die Information der interessierten Öffentlichkeit bzw. dem maßgeblichen Fachkreis durch Veröffentlichung, Anmeldung oder Registrierung eines Schutzrechts oder Ausstellung bekannt gemacht wurde (OLG Düsseldorf 11.03.2021 - 15 U 6/20, Rn. 31). Ohne weiteres zugänglich sind Informationen, die jede Person bzw. die maßgeblichen Fachkreise ohne besondere Schwierigkeiten d.h. ohne größeren Zeit- und Kostenaufwand erschließen und nutzen können (OLG Düsseldorf 11.03.2021 - 15 U 6/20, Rn. 32; OLG Düsseldorf 04.02.2021 - 15 U 37/20, Rn. 23). Schutzwürdig sind insbesondere Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit, Kalkulationsunterlagen, Patentanmeldungen und sonstige Entwicklungs- und Forschungsprojekte. Auch Vertragsgestaltungen, Zeichnungen, Planungsunterlagen und Modelle von technischen Bauten oder Geräten können geschützt sein (Verwaltungsgericht Aachen, Urteil vom 8. August 2022 -  8 K 4232/18, zur Definition von Geschäftsgeheimnissen nach § 2 GeschGehG).

Inhaber des Geschäftsgeheimnisses

Inhaber des Geschäftsgeheimnisses ist derjenige, der die rechtmäßige Kontrolle hierüber hat (vgl. § 2 Nr. 2 GeschGehG). Klassische Geschäftsgeheimniss sind Kundendaten und Kundenlisten (vgl. BGH v. 27.4.2006, I ZR 126/03 - Kundendatenprogramm). Auch private Aufzeichnungen eines Vertriebsmitarbeiters in seinem Kalender zu Kundenbesuchen können Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebes sein (vgl. LAG Düsseldorf v. 3.6.2020 - 12 SaGa 4/20).

Technische Geschäftsgeheimnisse sind beispielsweise Konstruktionen, Konstruktionszeichnungen, Rezepte, Herstellungsverfahren, technische Zusammensetzungen sowie die Funktionsweise einer Anlage. Wenn die betreffende Tatsache zum Stand der Technik gehört, gilt dies, wenn sie jedenfalls nur mit einem großen Zeit- oder Kostenaufwand ausfindig, zugänglich und nutzbar gemacht werden kann (BGH, Urt. v. 22.3.2018 – I ZR 118/16 – Hohlfasermembranspinnanlage II).

Mitnahme von Geschäftsgeheimnissen durch ausgeschiedene Arbeitnehmer

Die praktisch häufigsten Fälle betreffen ausgeschiedene Arbeitnehmer. Rechtlich irrelevant ist es, ob Arbeitnehmer die Geschäftsgeheimnisse bereits vor oder erst nach ihrem Ausscheiden genutzt haben. Denn die Berechtigung, erworbene Kenntnisse nach Beendigung des Dienstverhältnisses auch zum Nachteil des früheren Dienstherrn einzusetzen, bezieht sich nicht auf Informationen, die dem ausgeschiedenen Mitarbeiter nur deswegen noch bekannt sind, weil er auf schriftliche Unterlagen zurückgreifen kann, die er während der Beschäftigungszeit angefertigt hat (BGH v. 19.12.2002, I ZR 119/00 - Verwertung von Kundenlisten). Liegen dem ausgeschiedenen Mitarbeiter solche schriftliche Unterlagen - beispielsweise in Form privater Aufzeichnungen oder in Form abgespeicherten Daten - vor, und entnimmt er ihnen ein Geschäftsgeheimnis seines früheren Arbeitgebers, dann verschafft sich dieses Geschäftsgeheimnis unbefugt (BGH, Urteil vom 27. 4. 2006 - I ZR 126/03 - Kundendatenprogramm) und verwertet diese unbefugt (BGH, Urt. v. 22.3.2018 – I ZR 118/16 – Hohlfasermembranspinnanlage II). Das gilt auch dann, wenn der Nutzer in der Lage ist, solche Dokumente selbst zu entwickeln (vgl. BGH, Urt. v. 22.3.2018 – I ZR 118/16 – Hohlfasermembranspinnanlage II).

Die Verwertung wiederum setzt keine identische Benutzung des Geheimnisses voraus. Es genügt, wenn die unbefugt erlangten Kenntnisse in einer Weise mitursächlich geworden sind, die wirtschaftlich oder technisch nicht als bedeutungslos angesehen werden kann (vgl. BGH GRUR 2002, 91, 93 - Spritzgießwerkzeuge).

Ohne Schutz kein Schutz: Angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen nach dem GeschGehG

Eine wesentliche Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage steht in § 2 Nr. 1 b) GeschGehG: Eine Information ist nur dann ein schutzfähiges Geschäftsgeheimnis, wenn sie „Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen“ ist. Ohne Schutz ist eine Information kein schutzfähiges Geschäftsgeheimnis. Zwar sollen an die Anforderungen an angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Es muss aber aktive Schutzmaßnahmen geben, beispielsweise ein passwortgeschützter Datenzugang (vgl. KG v.

10.11.2020 -6 W 1029/20). Wer zulässt, dass Dateien mit Geschäftsgeheimnissen auf privaten Datenträgern gespeichert werden, muss damit rechnen, dass seine Geheimhaltungsmaßnahmen nicht als angemessen angesehen werden (vgl. OLG Stuttgart v. 19.11.2020 - 2 U 575/19 - Schaumstoffsysteme).

Auch wer Hinweise hat, dass seine Geheimhaltungsmaßnahmen umgangen werden, und hierauf nicht reagiert, muss damit rechnen, dass dessen Geheimhaltungsmaßnahmen nicht als angemessen angesehen werden. Wer solche Hinweise erhält, muss diesen vielmehr nachgehen und seine Geheimhaltungsmaßnahmen anpassen (OLG Hamm v. 15.9.2020 - 4 U 177/19 - Nachahmung eines Stopfaggregats).

Verschwiegenheitsklauseln

Auch Verschwiegenheitsverpflichtungen der betreffenden Arbeitnehmer sind an sich als Geheimhaltungsmaßnahmen geeignet (vgl. OLG Stuttgart v. 19.11.2020 - 2 U 575/19 - Schaumstoffsysteme). Oft sind Verschwiegenheitsverpflichtungen Bestandteil des Arbeitsvertrags. Ob das als angemesse Geheimhaltungsmaßnahme ausreicht, hängt von dem Inhalt der betreffenden Geheimhaltungsklausel ab. Wenn diese nur ganz allgemein alle betriebsinternen Vorgänge als geheimhaltungsbedüftig beschreibt, ohne bestimmte geheimhaltungsbedüftige Informationen zu definieren, reicht das nicht aus. Denn solche Formulierungen sind inhaltsleer und konterkarieren den Begriff des Geschäftsgeimnisses (vgl. LAG Düsseldorf v. 3.6.2020 - 12 SaGa 4/20).

Mittelbare Geheimnisverletzung, § 4 Abs. 3 GeschGehG

Eine unzulässige mittelbare Geheimnisverletzung begeht, wer ein Geschäftsgeheimnis über eine andere Person erlangt hat und weiß oder wissen müsste, das diese Person das Geschäftsgeheimnis unbefugt genutzt oder offengelegt hat (§ 4 III GeschGehG). Ein „Erlangen“ erfodert ein „aktives Element“. Nur wer eine Geschäftsgeheimnis erlangt und zumindest hätte wissen müssen, dass derjenige, von dem er es erlangt, einen Rechtsverstoß begangen habe, verstößt selbst gegen das Gesch-GehG. Wer beispielsweise Geschäftsgeheimnisse ungefragt per Email erhält, ohne von dem Rechtsverstoß des Absenders zu wissen, verstößt nicht selbst gegen das GeschGehG. (OLG Frankfurt vom v. 27.11.2020 - 6 W 113/20 - Unterlassungsansprüche nach dem GeschGehG im Eilverfahren).

Umfang des Schadenersatzes bei der Verletzung von Geschäftsgeheimnissen

Wer ein Geschäftsgeheimnis verletzt, muss grundsätzlich den gesamten unter Einsatz des geheimen Know-hows erzielten Gewinn herausgeben (BGH v. 19.3.2008, I ZR 225/06 – Umfang des Schadenersatzes bei Verletzung von Betriebsgeheimnissen).

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