Die Produktbeschreibung enthielt für die Textilfaserzusammensetzung u.a. folgende Hinweise:
„Material: 52% Baumwolle, 40% Polyester, 8% Acryl“
Ein großer deutscher Bekleidungshersteller beanstandete mit einer einstweiligen Verfügung eine falsche Textilfaserbezeichnung. Die richtige Bezeichnung nach der Textilkennzeichnungsverordnung laute „Polyacryl“ und nicht etwa „Acryl“ oder „Acrylic“. Auch die Bezeichnung „Cotton“ sei nicht erlaubt. Es müsse richtigerweise „Baumwolle“ heißen. Denn Art. 16 Abs. 3 Unterabsatz 1 Textilkennzeichnungsverordnung schreibe vor, dass in der jeweiligen Amtssprache des Mitgliedsstaates zu kennzeichnen sei. Das Oberlandesgericht München gab dem Bekleidungshersteller teilweise Recht (Urteil v. 20.10.2016, Az. 6 U 2046/16 - Acryl und Cotton als Textilkennzeichnung):
Textilkennzeichnungspflicht gilt für Hersteller und Händler
Zunächst muss nicht nur der Hersteller, sondern auch der Händler richtig kennzeichnen (Art. 15 Abs. 3 Textilkennzeichnungsverordnung), und zwar auch in Internetangeboten (Art. 16 Abs. 2 S. 2 Textilkennzeichnungsverordnung).
„Acryl“ und „Acrylic“ ist wettbewerbswidrig
Als Faserzusammensetzungen auf Kennzeichnungen und Etiketten dürfen nur die in der Textilkennzeichnungsverordnung genannten Bezeichnungen benutzt werden. Nr. 26 im Anhang I der Textilkennzeichnungsverordnung sehe aber den Begriff „Polyacryl“ vor und nicht „Acryl“, so das OLG München. Der Begriff „Acryl“ könne auch nicht ohne weiteres mit „Polyacryl“ gleichgesetzt werden. Denn Nr. 29 des Anhangs zur Textilkennzeichnungsverordnung nenne auch die Faser „Modacryl“. Ein Verbraucher könne daher nicht wissen, ob mit „Acryl“ nun „Polyacryl“ oder aber „Modacryl“ gemeint sei. Dieser Verstoß gegen die Textilkennzeichnungsverordnung sei zugleich ein spürbarer Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht.
OLG München: „Cotton“ statt „Baumwolle“ nicht wettbewerbswidrig
Abgewiesen hatte das OLG München den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, soweit er die Bezeichnung „Cotton“ statt „Baumwolle“ betraf. Es sei zwar richtig, dass nach Art. 16 Abs. 3 Textilkennzeichnungsverordnung die Textilfaserzusammensetzung in der jeweiligen Amtssprache des Mitgliedsstaates angegeben werden müsse. § 4 Abs. 1 TextilkennzeichnungsG ordnet dementsprechend eine Kennzeichnung „in deutscher Sprache“ an. Dieser Verstoß sei aber dennoch nicht wettbewerbswidrig. Denn hinzukommen müsse auch, dass der durchschnittliche Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst werde, die er sonst nicht getroffen hätte (§ 5a Abs. 2 Nr. 2 UWG). Dieses Erfordernis hatte die Rechtsprechung bis zur letzten Reform des UWG im Jahr 2015 als „Spürbarkeitserfordernis“ (§ 3 UWG a.F.) behandelt.