Markenverletzung

Markenrechtsverletzung Voraussetzungen, Konsequenzen und Beispiele

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Was ist eine Markenrechtsverletzung?

Zusammenfassung

Eine Markenrechtsverletzung ist die Benutzung eines Zeichens, das einer Marke gleicht oder ähnelt ("Zeichenähnlichkeit"), für die gleichen oder ähnlichen Produkte, für die die Marke eingetragen ist ("Produktähnlichkeit"). Bei bekannten Marken ist eine Produktähnlichkeit nicht Voraussetzung einer Markenrechtsverletzung.

Im Grundsatz gilt: Je ähnlicher das benutzte Zeichen der geschützten Marke ist und je ähnlicher die Waren oder Dienstleistungen (Produkte) für die das Zeichen benutzt wird und die Produkte sind, für die die Marke im Register eingetragen ist, desto wahrscheinlicher ist die Markenrechtsverletzung. Dabei muss man auch die Unterscheidungskraft der Marke berücksichtigen und beachten, ob das Zeichen überhaupt "markenmäßig benutzt" wurde.

Markenrechtsverletzende Handlungen

Welche Benutzungshandlungen können eine Markenrechtsverletzung auslösen?

Ein Markeninhaber kann jedem anderen die Benutzung identischer oder ähnlicher Zeichen für identische oder ähnliche Produkte (Waren oder Dienstleistungen) gerichtlich verbieten lassen, wenn dadurch für das Publikum zumindest die Gefahr von Verwechslung besteht. Beispiele potenziell rechtsverletzender Benutzungen zählt das Gesetz in § 14 III und IV MarkenG bzw. Art. 9 III und IV UMV auf: Die praktisch wichtigsten markenrechtsverletzenden Benutzungshandlungen sind

  • das Anbieten markenrechtsverletzender Waren,
  • das in den Verkehr bringen markenrechtsverletzender Ware,
  • das Werben mit einem Zeichen, das einer Marke ähnelt oder mit dieser identisch ist (vgl. § 14 III Nr. 6 MarkenG bzw. Art. 9 III e) UMV).

Beispiel:
Die Werbung eines Getränkeherstellers für ein Gewinnspiels mit der Bezeichnung

„MKG – Mega-Kasten-Gewinnspiel“

war eine Verletzung der Marke „MKG“, eingetragen für Werbung und Verpflegung von Gästen (BGH v. 14.10.2010 - I ZR 212/08 - Mega-Kasten-Gewinnspiel).

Keine Markenrechtsverletzung: Die erlaubte Nennung fremder Marken zur Produktbeschreibung

Markenbenutzung zur Produktbeschreibung

Längst nicht jede Benutzung einer fremden Marke ist auch eine Markenrechtsverletzung. Erlaubt ist die Benutzung einer Marke (d.h. markenähnlicher oder markenidentischer Begriffe) nach § 23 MarkenG  bzw. Art. 14 UMV beispielsweise zur notwendigen Produktbeschreibung.

Beispiel BGH v. 22.1.2009 I ZR 139/07- PCB:
Die Nennung von „pcb“ als gängige Abkürzung für „printed circuit board“, (=Leiterplatte) ist keine Verletzung der Marke „PCB-POOL" .

Das Gleiche gilt für handelsübliche beschreibende Angaben oder in der zulässigen vergleichenden Werbung (d. h., wenn keine Kennzeichenverletzung vorliegt, BGH, Urteil v. 4.2.2010, I ZR 51/08, Rz. 41 - Powerball). Marken dürfen ebenfalls genannt werden, wenn dies zur Beschreibung von Ersatzteilen notwendig ist. Voraussetzung: Eine solche Benutzung verstößt nicht gegen die anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel (EuGH, Urteil v. 11.9.2007, C-17/06, Rz. 34 - Céline).

Beispiele:

  • Die Kennzeichnung eines Nahrungsergänzungsmittels mit der Bezeichnung „Enzymix“ verletzt die Nahrungsergänzungsmittel-Marke „Enzymax“, weil man den Hinweis auf eine Mixtur aus Enzymen nicht mit „Enzymix“ , sondern mit „“Enzym-Mix“ beschreiben würde (OLG Köln v. 25.9.2009 – 6 U 68/09 – Enzymax/Enzymix).
     
  • Keine Markenrechtsverletzung ist die Nutzung der Bezeichnung „H 15“ für ein rezeptpflichtiges Arzneimittel. Denn der hier relevante angesprochene Verkehr (Heilberufe und pharmazeutischer Vertrieb) sieht darin einen Hinweis auf Weihrauchextrakt Boswellia serrata (OLG Stuttgart v. 10.6.2010 – 2 U 87/09 – H 15).

Benutzung fremder Marken zur Beschreibung einer Kompatibilität oder als Ersatzteil

Oft werden fremde Marken genannt, um auf die Eignung eines Produkts als Ersatzteil oder kompatibles Produkt hinzuweisen. Eine solche Benutzung ist nach § 23 I Nr. 3 MarkenG bzw. Art. 14 I c) UMV nur unter folgenden Voraussetzungen zulässig:

  • Die genannte Marke muss zweifelsfrei als fremde Marke erkennbar sein. Nicht erlaubt ist es, den Anschein zu erwecken, die Marke der kompatiblen Produkte sei eine eigene Marke (OLG Frankfurt a.M. v. 03.11.2016 - 6 U 63/16 - Lube-Shuttle)
     
  • Die Kompatibilität muss zwingend die Nennung der Marke erfordern (vgl. EuGH, GRUR 2005, 509 Rn. 35 – Gillette). Wenn es also beispielsweise technische Standards oder Normen gibt, die die Kompatibilität beschreiben, darf man die Marke nicht nennen (vgl. EuGH, GRUR Int 1999, 438 Rn. 60 – BMW/Deenik; BGH, GRUR 2011, 1135 Rn. 20– GROSSE INSPEKTION FÜR ALLE).
     
  • Die Marke muss schonend benutzt werden. Jede Werbewirkung muss vermieden werden, die über die notwendige Markennennung hinausgeht. Eine verbotene werbende Benutzung wäre z.B. die Aufnahme der Marke in den Browsertitel (d.h. einer Nutzung im "Title Tag") einer Internetseite oder in die Domain (vgl. BGH, Urt. v. 28.6.2018 – I ZR 236/16 - keine-vorwerk-vertretung). Verboten wäre auch eine Nutzung der Bildmarke anstatt die Marke mit Worten zu beschreiben (vgl. BGH v. 14.4.2011 - I ZR 33/10 - GROSSE INSPEKTION FÜR ALLE).

Erlaubte Markenbenutzung in der Werbung nach "Erschöpfung"

Ein weiterer Fall, in der der Markeninhaber den Weitervertrieb der mit der Marke versehenen Waren und auch die Werbung für diese Waren nicht verbieten kann, ist der markenrechtliche Erschöpfungsgrundsatz.

Die "markenmäßige Benutzung"

Voraussetzungen einer Markenrechtsverletzung

Erste Voraussetzung eine Markenrechtsverletzung ist stets die "markenmäßige Benutzung" des jeweiligen Zeichens: Das potenziell markenrechtsverletzende Zeichen muss man auch als "Herkunftshinweis", d.h. als Marke, auffassen. Das ist oft zweifelhaft, beispielsweise wenn dieses Zeichen als Produktgestaltung oder Modellbezeichnung angesehen wird, beispielsweise bei Abmahnungen wegen angeblicher Verletzung der Marke "Frida".

Wird das Zeichen überhaupt als Marke aufgefasst?

Eine Marke hat die hauptsächliche Funktion, die Herkunft eines Produkts aus einem bestimmten Betrieb zu kennzeichnen. Auch der EuGH betont regelmäßig diese „Herkunftsfunktion“ der Marke (z.B. EuGH, Urt. v. 8.6.2017 - C-689/15 - W.F. Gözze Frottierweberei GmbH, Wolfgang Gözze / Verein Bremer Baumwollbörse). Der Betrachter eines auf Bekleidungsstücken angebrachten Aufdrucks muss diesen also als Hinweis auf die Herkunft des Bekleidungsstücks von einem bestimmten Unternehmen ansehen und nicht nur als dekoratives Element. Mit anderen Worten: Eine Bezeichnung muss auch als Marke aufgefasst werden, damit überhaupt eine Markenrechtsverletzung vorliegt. Das ist die sog. "markenmäßige Benutzung". Wird ein Zeichen oder eine Bezeichnung nicht als Marke, sondern beispielsweise nur als Produktverzierung aufgefasst, liegt keine markenmäßige Benutzung und damit auch keine Markenrechtsverletzung vor.

Der Bundesgerichtshof hat eine Markenrechtsverletzung im "CCCP"-Fall deshalb verneint: „CCCP“ sei in kyrillischen Schriftzeichen die Abkürzung für „UdSSR“. Der BGH hat angenommen, dass man die auf der Vorderseite von T-Shirts angebrachte Aufschrift "CCCP" als Symbol der ehemaligen Ostblockstaaten auffasst und ausschließlich als dekoratives Element ansieht und nicht etwa als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Betrieb. Die Beklagte hat daher die Marke „CCCP“ nicht verletzt, weil „CCCP“ hier gar nicht als Marke benutzt werde, sondern als Dekor (BGH v. 14.01.2010, I ZR 82/08 – CCCP).

Auch der EuGH stellt klar, dass allein die Anbringung einer Unionsmarke auf Handtüchern als Gütezeichen ("Baumwollblüte") nicht als markenmäßige Benutzung anzusehen ist (EuGH, Urt. v. 8.6.2017 - C-689/15, Rz. 51 - W.F. Gözze Frottierweberei GmbH, Wolfgang Gözze / Verein Bremer Baumwollbörse).

Sowohl für die Markenanmeldung als auch im Verletzungsfall gilt: Je origineller und „künstlicher“ eine Bezeichnung ist, d. h. je weniger sie das betreffende Produkt und ihren jeweiligen Anwendungsbereich beschreibt, desto eher ist sie als Marke eintragungsfähig und desto stärker ist sie auch im Verletzungsprozess.

Beispiele "markenmäßiger Benutzung" aus der Rechtsprechung

Marke oder Design?

Besonders zweifelhaft ist die „markenmäßige Benutzung" bei der Benutzung eines Zeichens als dekoratives Element oder als Modellbezeichnung.

Beispiel BGH v. 14.01.2010 - I ZR 82/08 – CCCP

Sieht man den "CCCP"-Aufdruck auf dem T-Shirt - als Marke oder Gestaltung an? Die Klägerin war Lizenznehmerin der Klagewortmarke „CCCP“ und vertrieb Logoshirts mit dem Aufdruck „CCCP“. Die Marke war eingetragen unter anderem für „T-Shirts“. Die Beklagte vertrieb in ihrem Onlineshop das abgebildete Logoshirt mit dem Zeichen "CCCP".

Beispiel BGH v. 24.11.2011 - I ZR 175/09 - Medusa (Versace)

Ein weiteres Urteil befasst sich mit der Benutzung eines der "Medusa"-Marken von Versace ähnlichen Zeichens auf eine Tischplatte. Die Frage war auch hier: Wird das Zeichen als Marke angesehen, also als Hinweis auf die Herkunft des Tisches aus einem bestimmten Betrieb, oder schlicht als Dekor?

Die Klägerin, die Gianni Versace S.p.A., ist Inhaberin der für "meubles" eingetragenen international registrierten Bildmarke Nr. 626654.

Der Beklagte verkaufte über das Internet Marmormosaiken, u.a. mit dem abgebildeten Motiv. Die Klägerin meinte, der Beklagte verletze mit dem Vertrieb dieser Mosaiken die Rechte an ihrer Bildmarke. Der Beklagte hat hingegen behauptet, als Vorbild für die von ihm vertriebenen Mosaiken habe die Figur der in der Glyptothek in München ausgestellten Medusa von Phidias aus der Sammlung Rondanini gedient.

Der BGH hat auch hier eine markenmäßige Benutzung und eine Markenrechtsverletzung verneint. Denn man sieht in den Bildmotiven der Medusa nur die Ausgestaltung der Ware. Das Motiv hat ausschließlich dekorativen Charakter und wird nicht als Herkunftshinweis aus einem bestimmten Betrieb angesehen.

Markenmäßige Benutzung bei bekannten Marken nicht erforderlich

Bekannte Marken haben einen weiteren Schutzumfang (siehe unten). Eine markenmäßige Benutzung ist für eine Verletzung von bekannten Marken nicht erforderlich (BGH v. 28.6.2018 - I ZR 236/16 - keine-vorwerk-vertretung, Rz. 18). Für die Verletzung einer bekannten Marke (Art. 5 II MRRL, § 14 II Nr. 3 MarkenG) reicht es nach der Rechtsprechung des EuGH aus, dass man das Kollisionszeichen zwar als Verzierung auffasst, es wegen der hochgradigen Ähnlichkeit jedoch gedanklich mit der bekannten Marke verknüpft (BGH, Urteil vom 3.2.2005 - I ZR 159/02 - Lila-Postkarte; EuGH v. 23.10.2003 - C-408/01 - Adidas/Fitnessworld).

Markenmäßige Benutzung von Farbmarken

Eine markenmäßige Benutzung von abstrakten Farbmarken ist selten. Die Verwendung einer Farbe in der Werbung oder auf der Ware oder deren Verpackung wird man nur ausnahmsweise als Marke auffassen. In einem Verletzungsprozess der Sparkassen-Finanzgruppe gegen Santander hat der BGH auf verschiedene Untiefen hingewiesen: Zum einen hängt eine Verletzung der roten Farbmarke von Santander davon ab, ob Santander gerade die Farbe „markenmäßig benutzt“: Der rote Farbton müsste also auch hier als „Herkunftshinweis“ angesehen werden, sprich: Man muss ihn als Marke und nicht bloß als Verzierung ansehen. Der BGH hält eine markenmäßige Benutzung für denkbar, wenn das Retail-Banking-Publikum daran gewöhnt sei, dass Farben isoliert (d.h. unabhängig etwa von einem Wortbestandteil „Santander“) als Herkunftshinweise angesehen werden (BGH v. 23.9.2015 – I ZR 78/14, Rz. 94 – Sparkassen Rot/Santander Rot).

Es gibt aber Ausnahmen: So hat der Vertrieb von Sprachlernsoftware in gelber Verpackung die aufgrund Verkehrsdurchsetzung eingetragenen deutschen Farbmarke 39612858 "Gelb" für zweisprachige Wörterbücher des Langenscheidt-Herausgebers verletzt. Der BGH hat eine markenmäßige Benutzung angenommen: Auf dem inländischen Markt der zweisprachigen Wörterbücher würden Farben die Kennzeichnungsgewohnheiten prägen. Dies strahle auf den Markt benachbarter Produkte aus, zu denen Sprachlernsoftware gehöre. Man würde daher auch in diesem Produktbereich die verwendete Farbe "Gelb" als Produktkennzeichen, also als markenmäßige Benutzung verstehen (BGH, Urteil vom 18.09.2014 - I ZR 228/12 - Gelbe Wörterbücher).

Beschreibende Bezeichnungen in der Werbung als markenmäßige Benutzung?

Die Nutzung von Bezeichnungen oder Worten, die als Beschreibung eines Produkts aufgefasst werden, ist ebenfalls keine Markenrechtsverletzung. Dies gilt besonders in der Werbung.

Der Fall: Ein Hersteller von Eierlikör warb mit der abgebildeten Werbung für fünf verschiedene Sorten Eierlikör. Daran störte sich ein traditionsreicher anderer Eierlikörhersteller. Er war Inhaber der Marke „Eieiei“, eingetragen für Spirituosen. Er schickte dem so werbenden Eierlikörhersteller eine Abmahnung wegen Markenrechtsverletzung und forderte ihn auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Das tat der Eierlikörhersteller, bezahlte aber die ebenfalls geforderten Abmahnkosten nicht. Der traditionsreiche Eierlikörhersteller versuchte, die Abmahnkosten klageweise vor dem Landgericht Düsseldorf einzufordern.

Das Landgericht Düsseldorf wies die Klage ab. Es lehnte einen Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten ab, weil keine Markenrechtsverletzung vorlag. Die Werbung für einen Eierlikör mit den Worten „Ei, Ei, Ei, Ei, Ei“ habe die Marke „Eieiei“ nicht verletzt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigte die Entscheidung: Die Bezeichnung „Ei, Ei, Ei, Ei, Ei“ sei nicht herkunftshinweisend benutzt worden: Eine herkunftshinweisende Verwendung und damit einer Verwendung als Marke sei fernliegend. Der angegriffene Werbetext „Ei, Ei, Ei, Ei, Ei“ würde das Produkt nur beschreiben. Eier seien die Kernzutat von Eierlikör. Eine Nutzung von beschreibenden Angaben könne grundsätzlich keine markenmäßige Benutzung sein. Das Publikum, das die Werbeanzeige lese, würde ohne weiteres erkennen, dass „Ei, Ei, Ei, Ei, Ei“ eine bloße Sachangabe sei. Die fünfache Wiederholung ändere daran nichts. Wiederholungen seien in der Werbung ein in der Werbepsychologie seit langem bekanntes werbeübliches rhetorisches Stilmittel. Auch die Einbettung in die Werbung spreche für eine bloße werbemäßige und nicht markenmäßige Benutzung: Alle abgebildeten fünf Liköre enthielten die Zutat „Ei“. Schließlich sei auch der Name des eigene Unternehmens prominent wiedergegeben worden (in der obigen Abbildung mit grüner Farbe unkenntlich gemacht). Auch das spreche gegen eine markenmäßige Benutzung von „Ei, Ei, Ei, Ei, Ei“ (OLG Düsseldorf v. 27.04.2023 - 20 U 41/22 - Ei, Ei, Ei, Ei, Ei).

Markenmäßige Benutzung von Arzneimittel-Marken

Die Eintragung eines Arzneimittels unter seiner Marke in die „Lauer-Taxe“ ist bereits eine markenmäßige Benutzung, jedenfalls solange dieses darin nicht mit „außer Vertrieb“ gekennzeichnet ist (HashtagOLG Köln, Urteil v. 25.7.2014 – 6 U 197/13 – Markenmäßige Benutzung (L-Thyrox).

Markenrechtsverletzungen durch Modellbezeichnung

Die aktuelle Rechtsprechung zu Markenrechtsverletzungen durch Modellbezeichnungen

Zahlreiche als Modell- oder Produktbezeichnung beliebte Begriffe sind als Marke geschützt, beispielsweise die Marken "SAM" und "MO" oder "FRIDA", (u.a. für Bekleidung). Auch die Nutzung der Bezeichnung "MINI" als Modellbezeichnung, z.B. für Elektroroller, wird von der BMW AG als Verletzung ihrer bekannten Marke "MINI" beanstandet.

Markenrechtsverletzungen durch Nutzung von Modell- oder Produktbezeichnungen beschäftigen nach wie vor die Gerichte. Ob die Nutzung einer als Marke geschützten Bezeichnung als Modellbezeichnung eine Verletzung eben dieser geschützten Bezeichnung ist, hängt davon ab, ob man diese Modellbezeichnung selbst als Herkunftshinweis, also als (Zweit-)marke ansieht. Wann das der Fall ist, ist bisweilen schwierig einzuschätzen. Auch nach den „SAM“ und „MO“-Urteilen des BGH ist die Rechtsprechung hierzu uneinheitlich geblieben.

BGH, Urteil vom 7.3.2019 - I ZR 195/17 - SAM

In dem „SAM“-Fall ging es um die Frage, ob die Nutzung einer Modellbezeichnung („SAM“) die Marke „SAM“ verletzt. Gegenstand des Verfahrens war das Angebot einer Jeans

„EUREX BY BRAX

Jeans aus Baumwoll-Stretch EUREX by BRAX“

In der Produktbeschreibung war u.a. zu lesen:

„Modell: SAM“

Das Angebot sah so aus:

Der BGH konnte hierin keine Verletzung der Marke „SAM“ erkennen. Er hat in der „SAM“-Entscheidung die folgenden Grundsätze aufgestellt:

Eine Markenrechtsverletzung ist umso eher anzunehmen, je bekannter die Marke ist. Ist die Modellbezeichnung selbst bekannt (wie z.B. die „501“ von Levi‘s), kann die konkrete Art der Verwendung der Modellbezeichnung dafür sprechen, dass der Verkehr sie als Marke auffasst. Bei besonders häufig vorkommenden Vornamen ist es aber denkbar, dass man diese nur als Modellbezeichnung und nicht als Herkunftshinweis ansieht.

Ist die Modellbezeichnung nicht bekannt, kann eine Auffassung als Marke dennoch dann angenommen werden, wenn sie in "unmittelbarem Zusammenhang" mit der Hersteller- oder Dachmarke verwendet wird. Dagegen wird man in der Verwendung einer nicht als Marke bekannten Modellbezeichnung an einer unauffälligen Stelle in der Angebotsbeschreibung meistens keine markenmäßige Verwendung sehen. Solche Fälle sind daher - wie in dem „SAM“-Fall“ meistens keine Markenrechtsverletzungen. Dementsprechend hatte anschließend das OLG Frankfurt, an das der BGH die Sache zurückverwiesen hatte, eine Verletzung der Marke „SAM“ durch die Angabe nur in der Artikelbeschreibung abgelehnt (OLG Frankfurt v. 1.10.2019 - 6 U 111/16 - Keine markenmäßige Benutzung eines Vornamens als Modellbezeichnung für Bekleidungsmittel).

BGH, Urteil vom 11.4.2019 - I ZR 108/18 - MO

Der Sachverhalt des „MO“-Urteils war geradezu typisch für eine Markenrechtsverletzung durch eine Modellbezeichnung. Im Fall ging es um das folgende Amazon-Angebot:

Außerdem ging es um die folgende Bezeichnung auf einer Verkaufsrechnung

„Bench Damen Hose MO Large walnut marl

B005FPJ0AG”.

Der BGH hält es zwar grundsätzlich für möglich, dass eine bekannte Dachmarke oder Modellbezeichnung als Herkunftshinweis verstanden wird und deshalb die Nutzung einer geschützten (oder ähnlichen) Bezeichnung als Modellbezeichnung eine Markenrechtsverletzungen ist. Er nennt hier beispielhaft die bekannte „501“ von Levi’s. Der BGH vermisst in dem „MO“-Fall aber Feststellungen zur Bekanntheit von „MO“. Der BGH weist darauf hin, dass der Verkehr meistens in der vorangestellten Herstellerbezeichnung (im Fall „Bench“) den Herkunftshinweis sieht. Die Urteilsbegründung schließt mit den Worten:

„Bei solche Zeichenfolgen, die zudem Buchstaben und Zahlen enthalten, kann viel dafür sprechen, dass der Verkehr allein in der vorangestellten Herstellerangabe den Herkunftshinweis sieht.“

In Fällen wie diesen wird also nach Ansicht des BGH meistens alleine die Herstellermarke auch als Marke angesehen, nicht aber die Modellbezeichnung, sei dies nun „SAM“ oder „MO“. Eine Ausnahme gilt, wenn die Modellbezeichnung bekannt ist.

Das OLG Frankfurt, an das die Sache zurückverwiesen wurde, hatte allerdings anschließend das Amazon-Angebot erneut als markenrechtsverletzend angesehen. „MO“ sei hier nicht nur Modellbezeichnung, man würde es vielmehr als Zweitmarke ansehen: „MO würde hier „in unmittelbarem Zusammenhang mit der Hersteller- oder Dachmarke“ und in „hervorgehobener Position“ verwendet werden. Auch der Einschub „Damen Hose“ würde nur verdeutlichen, „dass es um zwei selbstständige Zeichen geht, nämlich um eine Dachmarke und eine Zweitmarke speziell für das konkrete Kleidungsstück“.

Das Oberlandesgericht Hamburg war in einem vergleichbaren Fall andere Meinung (siehe unten).

Die Bezeichnung auf der Verkaufsrechnung

„Bench Damen Hose MO Large walnut marl

B005FPJ0AG”.

hielt das OLG Frankfurt allerdings nicht mehr für markenrechtsverletzend. „MO“ sei hier „in die Zeichenkombination vollständig integriert“. Hier gelte wiederum der in der „MO“-Entscheidung des BGH aufgestellte Erfahrungssatz „dass der Verkehr allein in der vorangestellten Herstellerangabe den Herkunftshinweis sieht“ (OLG Frankfurt v. 13.8.2020 - 6 U 94/17 - Markenmäßige Benutzung einer Bekleidungsmarke - MO).

Was das Angebot des „Darts Isha Beanie“ angeht, so ist das Landgericht München I davon ausgegangen, dass die Bezeichnung „Isha“ nicht bekannt ist. „Isha“ sei aber „in unmittelbarem Zusammenhang mit der Hersteller- oder Dachmarke“ („Darts“) verwendet worden. Die prominente Platzierung an zweiter Stelle der Angebotszeile spräche für eine „(Zweit-)Marke. Auch die Bezeichnung „Isha“ auf dem Hangtag hielt das Landgericht für einen Herkunftshinweis. Verbraucher würden auch nicht Onlineangebot und Hangtag abgleichen.

Das Amazon-Angebot eines „Stockerpoint Dirndl Risa Femme“ aber sei keine Verletzung der Marke „Risa“. „Risa“ sei nicht bekannt, so dass man die Bezeichnung nicht schon aus diesem Grund als Marke ansehen würde. Hier käme noch hinzu, dass „Stockerpoint“ dominant mit einem Logo in Erscheinung trete. „Risa“ sei außerdem in zwei beschreibende Angaben, „Dirndl“ und „Femme“, eingebettet. Insgesamt würde man daher hier „Risa“ nicht als Herkunftshinweis (d.h. als Marke), sondern nur als Modellbezeichnung ansehen.

Das Urteil des LG München wurde auf unsere Berufung hin vom Oberlandesgericht München aufgehoben, weil die Markeninhaberin in rechtsmissbräuchlicher Weise eine vorprozessuale Erwiderung des Antragsgegners unterschlagen hatte (OLG München v. 5.8.2021 - 29 U 6406/20). Inzwischen wurden auch zwei Marken dieser Markeninhaberin auf unsere Anträge hin wegen bösgläubiger Markenanmeldung vom DMPA für nichtig erklärt (hierzu unten).

Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg schließlich hatte in dem folgenden Amazon-Angebot eine Verletzung der Marke „Isha“ abgelehnt (OLG Hamburg v. 28.11.2019 - 5 U 65/18 - Rock Isha).

Die Angebotsüberschrift lautete:

„Chiemsee Damen Kleid Rock Isha

Von Chiemsee“

Zwar könne eine blickfangmäßige Herausstellung für eine markenmäßige Verwendung sprechen. Das sei hier aber nicht der Fall, so das OLG Hamburg. In Fällen einer Zweitmarke würde diese üblicherweise direkt hinter der Herstellerbezeichnung genannt. Das OLG Hamburg nennt hier beispielhaft „Supreme Nike“ oder „H&M Karl Lagerfeld“. Im konkreten Angebot spreche bereits die Unterzeile „von Chiemsee“ gegen ein „Co-Branding“. Auch in der Produktbeschreibung sei von „hochwertiger Chiemsee Qualität“ die Rede. Schließlich werde aber in der Abfolge der Zeichen ein Zusammenhang zwischen „Chiemsee“ und „Isha“ aufgelöst. „Isha“ würde man daher nicht als Marke ansehen.

OLG Frankfurt, Urteil v. 19.11.2021: Keine Verletzung der Marke „Sam“ durch „SUPERDRY Stoffhose SAM SHORTS Uni

Das Oberlandesgericht Frankfurt galt bisher als „zweitmarkenfreundlich“. Markeninhaber, die eine Verletzung ihrer Marke durch Benutzung als Modellbezeichnung beanstandeten, machten ihre gerichtlichen Anträge gerne im Oberlandesgerichtsbezirk Frankfurt geltend. Das gilt für die besonders häufig abmahnende Inhaberin der (inzwischen wegen bösgläubiger Markenanmeldung für nichtig erklärten) Marke „MO“ (siehe unten), als auch für die Inhaberin der Marke „SAM“. Das OLG Frankfurt scheint seine zweitmarkenfreundliche Rechtsprechung etwas aufzuweichen: Die Inhaberin der Marke „SAM“ meinte, das oben abgebildete Onlineangebot einer

„SUPERDRY
Stoffhose SAM SHORTS Uni“

würde ihre Marke „SAM“ verletzen. Das OLG Frankfurt meinte hier, es fehle an einer markenmäßigen Benutzung als Voraussetzung einer Markenrechtsverletzung. „SAM“ würde man nicht als Herkunftshinweis, d.h. als Marke auffassen, sondern als Modellbezeichnung. Zwar diene eine Zweitmarke neben der für eine ganze Produktlinie vorgesehenen Dachmarke der Kennzeichnung eines konkreten Modells. Das OLG nennt hier als Beispiele VW - Golf, Levi“s - 501, kinder - bueno. Nicht jede Modellbezeichnung werde aber auch zugleich als Zweitmarke aufgefasst. Hier würde man nicht davon ausgehen, dass „SAM“ eine Zweitmarke sei. „SAM“ sei weder blickfangmäßig noch sonst hervorgehoben. Hervorgehoben sei vielmehr „SUPERDRY“. Angesichts der nachfolgend eingeschobenen beschreibenden Bezeichnung „Stoffhose“ stellte das OLG Frankfurt fest, man fasse „SAM“ nicht als Zweitmarke auf, sondern als Modellbezeichnung bzw. Bestellzeichen (OLG Frankfurt v. 19.11.2021 - 6 W 97/21 -Stoffhose SAM SHORTS Uni).

Empfehlung für die Nutzung von Modellbezeichnungen

Wer bei der Nutzung von Modellbezeichnungen mehr Sicherheit haben möchte, sollte unbedingt vor der Nutzung einer Modellbezeichnung eine Markenrecherche durchführen.


Lesen Sie Hier: So führen Sie eine Markenrecherche durch.


In den betreffenden Angeboten sollte die Modellbezeichnung dann in der folgenden Reihenfolge verwendet werden:

[Herstellerbezeichnung/Marke] [Artikelbeschreibungen, z.B. „Damen Hose“] [Modellbezeichnung]

Wichtig ist dabei, dass die Modellbezeichnung gegenüber der Marke nicht hervorgehoben wird, etwa durch Großschreibung.

Verwechslungsgefahr

Wechselwirkung von Unterscheidungskraft, Zeichenähnlichkeit und Produktähnlichkeit

Ob eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG - ebenso wie bei Art. 9 Abs. 1 Nr. 2 Unionsmarkenverordnung (UMV) - vorliegt, ist anhand der Wechselwirkung zu prüfen zwischen

Wechselwirkung zwischen Warenähnlichkeit und Zeichenähnlichkeit unter Berücksichtigung der Unterscheidungskraft bedeutet: Zwischen der Ähnlichkeit der Marke und dem potenziell rechtsverletzen-den Zeichen und zwischen den von der Marke umfassten Produkten und den Produkten, für die das potenziell rechtsverletzende Zeichen benutzt wird, besteht eine Wechselwirkung: Bei einer geringen Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem benutzten Zeichen kann dennoch eine Markenrechtsverletzung vorliegen, wenn die Ähnlichkeit zwischen den von der Marke umfassten Produkten und den Produkten, für die das Zeichen benutzt wird, hoch ist und umgekehrt (EuGH v. 22.6.1999 - C-342/97 – Lloyd/Klijsen, Rn. 19). Dabei ist die Unterscheidungskraft zu berücksichtigen: Marken mit einer hohen Unterscheidungskraft können auch trotz geringer Änlichkeit der sich gegenüberstehenden Produkten oder trotz geringer Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen verletzt werden.

Sind sich die gegenüberstehenden Produkte aber absolut unähnlich, kann auch eine hohe Unterscheidungskraft der Marke keine Verwechslungsgefahr hervorrufen (BGH v. 20.1.2011, I ZR 10/09 – BCC).

Die Rolle der Unterscheidungskraft bei einer Markenrechtsverletzung

Eine hohe Unterscheidungskraft erhöht den Schutzumfang einer Marke und macht eine Verwechslungsgefahr wahrscheinlicher. Je origineller und individueller eine Bezeichnung für das betreffende Produkt ist, desto "stärker" ist die Marke. Die Unterscheidungskraft einer Marke kann sich erhöhen, wenn die Marke bekannter wird, etwa durch intensive Werbung. Die Marke wird dann sozusagen "stärker". Eine an sich beschreibende Bezeichnung, die an sich schutzunfähig wäre, kann daher dennoch als Marke eingetragen werden, wenn sie "Verkehrsgeltung" erlangt hat (siehe unten). Ebenso kann eine schwache oder durchschnittlich kennzeichnungskräftige Marke ihre Kennzeichungskraft durch Werbung gestärkt haben.

Eingetragene Marken zumindest schwach originär unterscheidungskräftig

Was eingetragen ist, gilt zumindest als schwach originär kennzeichnungskräftig (BGH v. 02.042009 - I ZR 209/06 - POST/RegioPost). Eingetragene Marken gelten daher als schutzfähig. Der Einwand in einem Markenverletzungsverfahren, die eingetragene Marke sei gar nicht unterscheidungskräftig und daher nicht schutzfähig, ist daher untauglich.

Zeichenähnlichkeit: Bildliche, klangliche oder begriffliche Ähnlichkeit der Zeichen

Verwechslungsgefahr bedeutet,

  • bildliche,
  • klangliche oder
  • begriffliche Ähnlichkeit

der sich gegenüberstehenden Zeichen (sog. "Zeichenähnlichkeit"). Ähnlichkeit in nur einer dieser Kategorien kann für eine Verwechslungsgefahr ausreichen (EuGH v. 22.6.1999, C-342/97 – Lloyd/Klijsen, Rz. 28).

Eine bildliche oder klangliche Zeichenähnlichkeit wiederum kann durch eine eindeutigen Sinn eines Zeichens neutralisiert werden (BGH v. 29.7.2009 - I ZR 102/07 - AIDA/AIDU).

Bildähnlichkeit

Beispiel: Keine Verwechslungsgefahr aufgrund (schrift-)bildlicher Ähnlichkeit: Die Wortbildmarke "PUMA"

wird durch Nutzung des Wortbildzeichens "PUDEL" nicht verletzt (BGH, Urt. v. 2.4.2015 – I ZR 59/13 - Springender Pudel).

ABER: Die Benutzung des Wortbildzeichens "PUDEL" verletzt dennoch die bekannte(!) Marke „PUMA“, weil es bei bekannten Marken auf eine Verwechslungsgefahr nicht ankommt (s.o.) und hier die Wertschätzung der bekannten Marke ausgenutzt wird (BGH, Urt. v. 2.4.2015 – I ZR 59/13 - Springender Pudel).

Weiteres Beispiel: Hauptsächlich wegen der unterschiedlichen Vokale besteht keine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken Vivendi und VIVANDA (BPatG v. 14.11.2012, 26 W (pat) 503/11 – Vivendi/VIVANDA).

Verwechslungsgefahr aufgrund klanglicher (phonetischer) Ähnlichkeit

• Zeichen aus denselben Buchstaben erwecken meistens einen ähnlichen klanglichen Gesamteindruck. Klangähnlich sind daher die Zeichen „IPS“ und „ISP“ (BGH v. 5.3.2015 - I ZR 161/13 - IPS/ISP).

• Weil auch eine eventuell undeutliche Aussprache zu berücksichtigen ist, sind sich „combit“ und „Commit“ klangähnlich (BGH v. 12.7.2018 - I ZR 74/17 - combit/Commit).

Keine klangliche Ähnlichkeit

• Hauptsächlich wegen der unterschiedlichen Vokale besteht keine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken „Vivendi“ und „VIVANDA“ (BPatG v. 14.11.2012 - 26 W (pat) 503/11 - Vivendi/VIVANDA ).

• Wegen der beiden Konsonanten „n“ besteht keine Verwechslungsgefahr zwischen „Anson’s“ und „ASOS“ (OLG Hamburg v. 11.12.2014 - 3 U 108/12 - Anson’s/ASOS)

Neutralisierung der Klangähnlichkeit durch die Bildbestandteile?

Eine Neutralisierung von Klangähnlichkeit oder Klangidentität durch die Bildbestandteile des gegenüberstehenden Zeichens nimmt der BGH nur dann an, wenn die betroffene Ware nur(!) "auf Sicht" und nicht auch auf Nachfrage gekauft wird (BGH, Urteil v. 20.01.2011 Az. I ZR 31/09 - Kappa). Das wird selten je der Fall sein. Der EuGH scheint hier eine solche Neutralisierung eher anzunehmen, nämlich schon dann, wenn die Ware gewöhnlich beim Kauf auch optisch wahrnehmbar ist (EuGH, Urteil vom 13.9.2007 - C-234/06 P - Muelhens GmbH & Co. KG/HABM).

Ähnlichkeit in der Bedeutung

Beispiel:
Die Brauerei Beck hatte von 1993 bis 1999 eine eingetragene Bildmarke für Bier, in dem ein auf den Kopf gestellter Schlüssel abgebildet war:

Diese Marke hat die ältere Wortbildmarke „Original Schlüssel Obergärige Handwerkliche Hausbrauerei" der Brauerei Schlüssel verletzt. Diese Marke war ebenfalls eingetragen für Bier. Denn die Zeichen hatten im Sinngehalt übereingestimmt. Die Marke der Brauerei Beck wurde deshalb wieder gelöscht (BGH, Beschluss vom 18.03.1999 - I ZB 24/96 - Schlüssel).

Warenähnlichkeit - Welche Waren oder Dienstleistungen stehen sich gegenüber

Ob Warenähnlichkeit vorliegt, ist anhand mehrerer Faktoren zu prüfen: Auf die Art der Ware, ihren Verwendungszweck und Nutzung, die Frage, ob die Produkte miteinander konkurrieren (Substituierbarkeit) oder sich ergänzen (EuGH v. 18.12.2008, C-16/06 – Éditions Albert René, Rz. 65) oder ob sie gemeinsam vertrieben werden (BGH v. 30.3.2006, I ZR 96/03 – TOSCA BLU, Rz. 13). Ähnlich können auch Waren zu Dienstleistungen sein:

Bsp.: Ähnlich sind sich beispielsweise „Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen für Bekleidung“ (gemeint ist damit die Sortimentsauswahl) und Bekleidung selbst (BGH v. 31.10.2013 – I ZR 49/12 – OTTO CAP).

Markenrechtsverletzung bei bekannten Marken

Verletzung von in Deutschland (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG) bzw. in der Europäischen Union bekannter Marken (Art. 9 Abs. 1 c) UMV)

Für die Verletzung einer bekannten Marke ist keine Verwechslungsgefahr erforderlich (EuGH v. 23.10.2003 – C-408/01 Adidas-Salomon u. Adidas Benelux/Fitnessworld Trading Ltd). Für die Verletzung einer bekannten Marke muss zwar die Herkunftsfunktion der bekannten Marke nicht verletzt sein. Das angegriffene Zeichen muss der bekannten Marke aber mindestens ähneln (sog. "Zeichenähnlichkeit", vgl. BGH v. 26.11.2020 – I ZB 6/20 – RETROLYMPICS; BGH v. 28.06.2018 - I ZR 236/16 - keine-Vorwerk-Vertretung.de). Eine bekannte Marke wird schon verletzt, wenn

  • man wegen der Verwendung des Zeichens von wirtschaftlichen oder organisatorischen Verbindungen zum Markeninhaber ausgeht, was eine Branchennähe voraussetzt (BGH v. 29.7.2009 - I ZR 102/07 - AIDA/AIDU), oder
  • diese Zeichenbenutzung die Unterscheidungskraft der bekannten Marke beeinträchtigt (EuGH: Urteil vom 23.10.2003 - C-408/01 – Adidas-Salomon/Fitnessworld, Rz. 27) und zwar für diejenigen Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke eingetragen ist (BGH v. 11.4.2013 - I ZR 214/11, Rz. 60 – VOLKSWAGEN)

Die Unterscheidungskraft wird besonders dann ausgenutzt, wenn jemand durch Verwendung eines Zeichens, das einer bekannten Marke ähnlich ist, versucht, die „Sogwirkung“ der bekannten Marke auszunutzen, um von ihrer Anziehungskraft ohne jede finanzielle Gegenleistung und ohne eigene Anstrengungen zu profitieren (vgl. EuGH, GRUR 2009, 756 Rn. 49 – L'Oréal/Bellure; BGH v. 31.10.2013 – I ZR 49/12 – OTTO CAP). Es reicht aus, dass die Gefahr besteht, dass sich ein Durchschnittsverbraucher für die eingetragenen Waren der bekannten Marke wegen der Benutzung des identischen oder ähnlichen Zeichens anders verhalten könnte (EuGH - L'Oréal/Bellure a.a.O.; BGH - VOLKSWAGEN, a.a.O., Rz. 61). Eine Verletzung der bekannten deutschen Marke 1067586 - "OSCAR"- scheidet jedenfalls nicht deshalb aus, weil man die Verwendung des Begriffs "Oscar" mit der jährlich in den USA stattfindenden Verleihung der "Oscar-Statuette" verbindet (BGH v. 8.3.2012 - I ZR 75/10, Rz. 41 - OSCAR).

Beispiele für bekannte Marken nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG bzw. Art. 9 Abs. 2 c) UMV

  • Die deutsche Wortbildmarke 2001632 "PUMA", siehe oben (BGH, Urt. v. 2.4.2015 – I ZR 59/13 - Springender Pudel)
  • Die deutsche Wortmarke 1019711 "VORWERK" (vgl. BGH, Urteil vom 28.06.2018 - I ZR 236/16 - keine-Vorwerk-Vertretung.de)
  • Die deutsche Wortmarke Nr. 30126772 "Otto" (BGH, Urteil v. 31.10.2013 - I ZR 49/12 - OTTO CAP)
  • Die deutschen Wortmarke 1067586 - "OSCAR" (BGH, Urteil v. 8.3.2012 - I ZR 75/10, Rz. 41 - OSCAR)
  • Unionswortmarke „VOLKSWAGEN“ 703702 (BGH, Urt. v. 11. 4. 2013 – I ZR 214/11 - VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion)
  • Die deutsche Wortmarke 1080850 "Swirl" (BGH,, Urteil v. 2.4.2015 - I ZR 167/13 - Staubsaugerbeutel im Internet)
  • Fisherman’s Friend" (LG Frankfurt a.M. v. 28. 4. 2000 - 3/12 O 13/00 - FISHERMAN´S FRIEND)

Beispiel: Verletzung der bekannten Marke "Volkswagen"

Die Werbung für eine "VolksInspektion" verletzt die bekannte Gemeinschaftswortmarke (jetzt: "Unionsmarke") 703702 "Volkswagen". BGH: Es ist hier eine Markenrechtsverletzung in Form einer "Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne" möglich, wenn das Publikum von wirtschaftlichen und organisatorischen Verbindungen der Parteien ausgeht oder die Unterscheidungskraft der bekannten Marke beeinträchtigt wird (BGH v. 11.04.2013 - I ZR 214/11 - Volkswagen).

Beispiel für Verletzung einer bekannten deutschen Marke: BGH v. 31.10.2013 - I ZR 49/12 - OTTO CAP

Der Vertrieb von Baseballkappen mit eingenähtem Etikett "OTTO" verletzt die bekannte Marke "OTTO" (deutsche Wortmarke 30126772, eingetragen u.a. für "Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen für Bekleidung"). Es reicht aus, dass man annehme, die Waren und Dienstleistungen stammten aus demselben Unternehmen. Große Handelshäuser würden eben auch Eigenmarken anbieten.

Verwechslungsgefahr bei Einzelbuchstaben-Marken

Einzelbuchstaben-Marken haben einen engen Schutzbereich. Denn Bildunterschiede spielen hier eine größere Rolle. Bildähnlichkeiten sind hier eher zu verneinen, als bei Zeichen, die aus mehreren Buchstaben bestehen. Klanglich spricht man Einzelbuchstaben-Zeichen nicht mit dem Buchstaben aus, sondern meistens mit der Marke, die dahintersteht. Einzelbuchstaben-Marken haben aus diesem Grund einen engen Schutzbereich. Eine für eine Markenrechtsverletzung ausreichende Klangähnlichkeit liegt daher bei Einzelbuchstaben-Marken meistens nicht vor. Der Bundesgerichtshof hatte in der Vergangenheit eine Verletzung der Marke

(Bogner) durch die Benutzung eines „B“ (Barbie) auf einem Kinderschuh

 

verneint (BGH, Urteil vom 02.02.2012 - I ZR 50/11 - Bogner B/Barbie B).

Markenrechtsverletzung bei Zeichen mit mehreren Elementen ("Kombinationszeichen")

Marken sind oft aus mehreren Elementen zusammengesetzt. Das können z. B. mehrere Worte sein, Worte und grafische Elemente, mehrere grafische Bestandteile, mehrere Bestandteile einer Gesamtaufmachung (z.B. Gesäßhosentasche und „Red Tab“ von Levi’s, vgl. BGH v. 05.11.2008, I ZR 39/06 – Stofffähnchen I) oder eine Kombination hieraus. Ein typisches Beispiel sind Wortbildmarken. Häufig stehen sich auch Marken mit mehreren Elementen solchen Zeichen gegenüber, die ihrerseits aus mehreren Elementen bestehen.

Auch bei Kombinationsmarken zählt Gesamteindruck

Ob ein solches Kombinationszeichen mit einer Marke oder einer Kombinationsmarke verwechslungsfähig ist, beurteilt sich ebenfalls nach dem Gesamteindruck (vgl. EuGH v.12.6.2007 - C 334/05 P – Limoncello; BGH vom 26. 10. 2006 - I ZR 37/04 -Goldhase; BpatG v. 25.1.2011, 27 W 533/10 - ROCCO MILES).

Prägende (dominierende) Zeichenbestandteile

Wenn Zeichenbestandteile des potenziell markenrechtsverletzenden Zeichens prägen (dominieren), liegt bei Übereinstimmung in dem jeweils prägenden Bestandteil eine Verwechslungsgefahr der beiden Gesamtbezeichnungen vor (BGH, v. 22.7.2004 - I ZR 204/01 – Mustang). Was nicht schutzfähig ist, kann nicht prägen.

Ein an sich schutzunfähiger beschreibender Bestandteil einer Marke kann aber keinen prägenden Einfluss auf den Gesamteindruck einer Marke haben, weil andernfalls markenrechtlicher Schutz für beschreibende Angaben erlangt werden könnte (BGH v. 27.3.2013, I ZR 100/11 – AMARULA/Marulablu, Rz. 59).

    Nicht prägende, aber „selbständig kennzeichnende“ Bestandteile (Ausnahme)

    Ein Zeichenbestandteil kann auch eine "selbständig kennzeichnende Stellung" haben. Im Regelfall gilt aber bei einer Markenrechtsverletzung der Grundsatz, dass es auf den Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen ankommt.

    • Beispiel BGH v. 3.4.2008 - I ZB 61/07 – SIERRA ANTIGUO, Rz. 34:
      Die Marke „SIERRA ANTIGUO“ wird nicht durch „1800 ANTIGUO“ verletzt. Denn übernommen wurde nur das Element „ANTIGUO“ hieraus. Sonst würde man im Kennzeichenrecht anstatt vom Gesamteindruck unzulässigerweise von einem Elementeschutz ausgehen (BGH v. v. 03.04.2008, I ZB 61/07 – SIERRA ANTIGUO, Rz. 34).

    Für eine selbständig kennzeichnende Stellung von Zeichenbestandteilen müssen daher besondere Umstände (z.B die Bekanntheit eines Unternehmenskennzeichens) vorliegen. Andernfalls würde die Regel, dass bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr die fraglichen Zeichen jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen sind, zur Ausnahme (BGH, Urteil vom 05.12.2012 - I ZR 85/11 - Culinaria/Villa Culinaria, Rz. 50).

    • Beispiel EuGH v. 6.10.2005 - C-120/04 - THOMSON LIFE:
      Die Benutzung des Zeichens „THOMSON LIFE“ verletzt – bei Produktidentität - die Marke „LIFE“, weil es sich bei dem Zeichenbestandteil „THOMSON“ erkennbar um ein bekanntes Unternehmenskennzeichen (Firma) handelt. „LIFE“ in „THOMSON LIFE“ war daher ein selbständig kennzeichnender Zeichenbestandteil. Nicht prägende aber „selbständig kennzeichnende“ Bestandteile sind Ausnahmen.

    Markenrechtsverletzung durch Vorbereitungshandlungen - Etikette, Verpackungen und andere Kennzeichnungsmittel

    Nach Art. 10 UMV bzw. § 14 Abs. 4 MarkenG kann ein Markeninhaber auch explizit sowohl das Anbringen von Etiketten, als auch das Anbieten oder den Besitz von Etiketten verbieten lassen, die eine Markenrechtsverletzung vorbereiten sollen.

    Zwischenrecht des Inhabers einer jüngeren Marke im Verletzungsverfahren nach Art. 16 Unionsmarkenverordnung und § 22 MarkenG

    Einrede bei einer Markenrechtsverletzung gegenüber Marken-Inhaber

    In manchen Fällen ist auch der angegriffene Markenverletzer selbst Inhaber einer Marke. Wer wegen der Verletzung einer Unionsmarke oder deutschen eingetragenen Marke angegriffen wird und selbst Inhaber einer entsprechenden (möglicherweise rechtsverletzenden) jüngeren Marke (Unionsmarke oder nationale Marke) ist, soll sich gegen eine Markenrechtsverletzung wehren können. Dies betrifft Fälle, in denen die klagende Unionsmarke selbst mit einem Makel (fehlende Unterscheidungskraft, Nichtbenutzung) behaftet ist. Der Art 13a UMV ist kompliziert und betrifft verschiedene Fallkonstellationen. Eine vergleichbare Regelung gibt es für die deutsche Marke in § 22 MarkenG.

    Wer seine eigene jüngere Marke benutzt hat und deswegen von dem Inhaber einer identischen oder ähnlichen älteren Unionsmarke oder deutschen eingetragenen Marke in Anspruch genommen wird, verletzt die ältere Marke nicht, wenn die jüngere Marke nicht für nichtig erklärt werden könnte. Bei Art. 16 UMV und § 22 MarkenG handelt es sich um Einreden im Verletzungsverfahren. Diese Einreden betreffen im Wesentlichen die Fälle, in denen der Inhaber seine ältere Unionsmarke dewegen nicht durchsetzen kann, weil

    • die ältere Marke ihre Unterscheidungskraft eingebüßt hat und dewegen nicht mit der jüngeren Marke kollidiert;
    • der Inhaber der älteren Marke die Benutzung der jüngeren Marke (Unionsmarke oder nationalen Marke) fünf Jahr lang geduldet hat, oder
    • der Inhaber die Benutzung seiner eigenen älteren Marke nach Ablauf der fünfjährigen Benutzungsschonfrist nicht nachweisen kann;
    • die ältere Marke im Anmelde- oder Prioritätszeitpunkt tatsächlich noch gar nicht schutzfähig war weil ein absolutes Schutzhindernis vorlag (z.B.fehlende Unterscheidungskraft, oder eine beschreibende Angabe) und erst nach der Anmeldung der jüngeren nationalen Marke infolge Verkehrsdurchsetzung überhaupt schutzfähig geworden ist.

    Nach Art. 16 Abs. 3 UMV bzw. § 22 Abs. 2 MarkenG kann sich im Verletzungsverfahren auch der Inhaber der jüngeren Marke nicht der Benutzung der älteren Marke widersetzen.

    Markenrechtsverletzung durch Markenanmeldung

    Nach ständiger Rechtsprechung begründet bereits die Anmeldung einer Marke eine Erstbegehungsgefahr für eine rechtsverletzende Benutzung in Bezug auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen (BGH v. 22.1.2014 - I ZR 71/12 - REAL-Chips). Die Erstbegehungsgefahr wird durch einen „actus contrarius“ beseitigt. Bei einer durch eine Markenanmeldung hervorgerufenen Erstbegehungsgefahr einer Markenrechtsverletzung führt daher nur ein Verzicht auf die Marke zu einer Beseitigung der Erstbegehungsgefahr (BGH v. 23.9.2015 – I ZR 78/14, Rz. 56 – Sparkassen-Rot/Santander-Rot). Die Anmeldung einer Marke, die mit einer fremden Marke kollidiert, kann daher nicht nur ein (vergleichsweise günstiges) Widerspruchsverfahren vor dem Markenamt zur Folge haben. Eine solche Markenanmeldung kann bereits zu einem gerichtlichen Verfahren wegen einer Markenrechtsverletzung führen, beispielsweise in einem Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Verfügung.

    Markenrechtsverletzung durch Angebote von Originalware

    Eine Markenrechtsverletzung liegt nicht nur bei Angeboten von Plagiaten vor. Auch das Anbieten von Originalwaren kann eine Markenrechtsverletzung sein, wenn die Ware ohne Zustimmung des Markeninhabers in den Verkehr gebracht wurde. Da im Markenrecht der Grundsatz europaweiter Erschöpfung gilt, liegt beispielsweise eine Markenrechtsverletzung vor, wenn Ware eines US-amerikanischen Markeninhabers ohne seine Zustimmung in Europa angeboten wird.

    Markenrechtsverletzung durch Umverpackung und Entfernen von gesetzlichen Pflichtangaben

    Wenn Ware, die vom Markenhersteller nur in Verpackungen vertrieben wird, unverpackt z.B. über Ebay angeboten wird, kann dies eine Markenrechtsverletzung darstellen, wenn dadurch das Image der Marke geschädigt wird (EuGH v. 12.7.2011 - C-324/09 - L'Oreal SA u.a./eBay International AG u.a.). Eine Markenrechtsverletzung wird auch dann angenommen, wenn auf der Verpackung gesetzlich geforderte Angaben über die Identität des Herstellers, den Verwendungszweck und die Zusammensetzung angegeben sind. Dies ist z.B. bei Kosmetikartikeln der Fall. Werden solche Artikel ohne Verpackung angeboten, wird dadurch die Qualitätsfunktion der Ware beeinträchtigt (EuGH v. 12.7.2011 - C-324/09 - L'Oreal SA u.a. / eBay International AG u.a.). Ausnahmen gelten für Arzneimittel und Medizinprodukte, wenn durch die Rechtsverfolgung die Gefahr einer Abschottung der innereuropäischen nationalen Märkte besteht (EuGH v. 26.4.2007 - C-348/04 - Boehringer Ingelheim/Swingward).

    HIer finden Sie mehr Informationen zu Markenrechtsverletzung durch Umverpackung und Neuetikettierung

    Markenrechtsverletzungen auf dem Amazon-Marketplace - Das "Anhängen" an fremde Angebote

    OLG Frankfurt v. 27.10.2011 – 6 U 179/10: Das nachträgliche Einfügen der eigenen Marke kann rechtsmissbräuchlich sein

    Manchmal ändert ein Anbieter eine Produktseite, indem er selbst seine eigene Marke einfügt. In einem vom Oberlandesgericht Frankfurt (Urteil v. 27.10.2011 – 6 U 179/10) entschiedenen Fall hatte ein solcher Anbieter anschließend einen Konkurrenten wegen Verletzung seiner Marke verklagt. Zu Unrecht, meinte das OLG: Es läge zwar an sich eine Markenrechtsverletzung vor, weil der Unterlassungsanspruch verschuldensunabhängig sei. Ein solches Vorgehen sei aber rechtsmissbräuchlich. Denn dieser Anbieter habe seinen Konkurrenten bewusst in die Falle laufen lassen. Die Besonderheit des Falls: Über 1 1/2 Jahre lang hätten beide Anbieter nebeneinander die gleichen Brillen unter dieser Produktseite verkauft. Wenn er nun seine eigene Marke in das Angebot einfüge, müsse er seine Konkurrenten wenigstens darüber informieren, meinte das OLG Frankfurt.

    LG Frankfurt v. 11.5.2011, Az. 3-08 O 140/10: Nachträgliches Einfügen der eigenen Marke kann sogar wettbewerbswidrig sein

    Noch strenger sah dies das Landgericht Frankfurt in einem Urteil vom 11.5.2011 (Az. 3-08 O 140/10). Die Parteien des bereits erwähnten Verfahrens vor dem OLG Hamm stritten in Frankfurt darum, ob nicht selbst wettbewerbswidrig handele, wer nachträglich seine Marke in die Produktseite einfüge, um anschließend gegen Konkurrenten wegen Verletzung dieser Marke vorzugehen. Das Landgericht Frankfurt hatte genau dies angenommen: Wenn über fünf Monate hinweg die Produktseite unverändert geblieben war, könne man nicht plötzlich eine Marke einfügen und mit dieser gegen Mitbewerber markenrechtlich vorgehen. Das sei eine wettbewerbswidrige gezielte Behinderung.

    Die Entscheidung ist nicht ohne Weiteres verallgemeinerungsfähig. Denn an sich muss ein Amazon-Verkäufer regelmäßig die Produktseiten überprüfen. Das OLG Hamm nimmt an, dass ein Amazon-Händler seine Produktseiten nicht länger als drei Tage aus den Augen lassen dürfe. Die Amazon-AGB selbst sehen sogar eine tägliche Prüfpflicht vor.

    Ist das Anhängen an eine bereits existierende EAN-Nummer wettbewerbswidrig?

    In einem Verfahren vor dem Landgericht Bochum (Urteil vom 3.11.2011 - Az. 14 O 151/11) ging es um die Frage, ob ein solches Anhängen nicht selbst wettbewerbswidrig ist. Das LG Bochum hat eine Irreführung über den Anbieter verneint: Potenzielle Käufer würden die EAN-Nummer nicht einem bestimmten Anbieter, sondern eben einem bestimmten Produkt zuordnen.

    Amazon Marketplace-Händler haften auch für die Verletzung einer Marke, die erst nachträglich in die Angebotsseite eingefügt wurde

    BGH v. 3.3.2016 - I ZR 140/14 - Angebotsmanipulation bei Amazon

    Der Fall: Der Beklagte betrieb einen Händlershop auf dem Amazon-Marketplace. Er stellte eine "Finger Maus" für Notebooks ein. Ursprünglich enthielt die Angebotsseite für dieses Produkt wohl die Herstellerbezeichnung der Finger Maus, nämlich "Oramics". Später wurde die Seite geändert. Nun lautete das Angebot:

    "Trifoo [...] Finger Maus [...]"

    Für die Klägerin wurde nach erstmaliger Angebotserstellung Inhaberin der Marke "TRIFOO". Sie machte eine Verletzung ihrer Marke geltend. Der Beklagte würde jedenfalls als "Störer" haften. Das Argument: Das Einstellen auf Amazon sei ein "gefahrerhöhendes Verhalten". Wer auf dem Amazon-Marketplace Produkte anbiete, müsse ständig damit rechnen, dass fremde Rechte verletzt würden. Denn er müsse ständig damit rechnen, dass die Angebotsseite verändert werde. Als Konsequenz müsse ein Marketplace-Händler regelmäßig sein Angebot überprüfen. Tue er das nicht, hafte er für Rechtsverletzungen zumindest als Störer.

    Der BGH gab dem Kläger Recht: Wer auf dem Marketplace anbiete, müsse bekanntermaßen ständig damit rechnen, dass die Angebotsseite verändert werde und er dadurch fremde Rechte verletze. Die Konsequenz: Ein Marketplace-Händler muss laut BGH

    "ein bei Amazon Marketplace eingestelltes Angebot regelmäßig darauf [...] überprüfen, ob rechtsverletzende Änderungen vorgenommen worden sind"

    Tue er das nicht, hafte er für Rechtsverletzungen.

    Prüfpflicht eines Amazon-Händlers ab Einstellung zweiwöchentlich

    Anders als bei Diensteanbietern (§§ 8 bis 10 TMG) die keine allgemeine Prüfpflicht haben, beginnt die Prüfungspflicht eines Marketplace-Händlers nicht erst nach dem Hinweis auf eine Rechtsverletzung, sondern schon mit Einstellung des Angebots. Auch zu den Intervallen der Prüfung nahm der BGH Stellung: Wer sein Angebot zwei Wochen unbeobachtet lasse, verletzt jedenfalls seine Prüfpflicht (BGH v. 3.3.2016 - I ZR 140/14 - Angebotsmanipulation bei Amazon, Rz. 30).

    Verletzung eines als Marke geschützten Vornamens durch Benutzung nur des Nachnamens

    Zwar gibt es keinen Grundsatz, dass der Verkehr einer aus einem Vor- und Nachnamen bestehenden Gesamtbezeichnung einem Namensbestandteil besondere Bedeutung zumisst (vgl. BPatG v. 24.10.2019 – 27 W (pat) 15/18 – RICCO EGOISTA). Hiervon gibt es aber drei Ausnahmen:

    • Es kann Warengebiete geben, in denen der Verkehr dazu neigt, eine aus Vor- und Zunamen geprägte Gesamtbezeichnung auf den Nachnamen zu verkürzen. Im Modebereich beispielsweise gibt es eine solche Übung nicht (BPatG v. 14.10.2014 – 27 W (pat) 515/14 – VINCENT MOTEGA/Montega).
       
    • Zum anderen kann der Verkehr einem Namensbestandteil besondere Bedeutung zuerkennen, wenn dieser Namensbestandeil ungewöhnlich ist (EuG v. 22.5.2019 – T-197/16). 
       
    • Schließlich ist der Fall anerkannt, dass ein Nachname jedenfalls dann bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine prägende Rolle spielt, wenn die aus dem Nachnamen gebildete ältere Marke durch Benutzung eine gesteigerte Kennzeichnungskraft erworben hat (BGH v. 24.2.2005 – I ZB2/04 – Mey/Ella May; LG Düsseldorf v. 29.11.2017 – 2a O 198/16 – Jette Joop).

    Beispiel: In der Gesamtbezeichnung „Blue Motion – Designerstücke von Jette Joop“ wurde das Element „Jette Joop“ als selbständig kennzeichnend wahrgenommen. Denn die Bekanntheit des Designers Joop hat den Zeichenbestandteil "Joop" gestärkt (LG Düsseldorf v. 29.11.2017 – 2a O 198/16 – Jette Joop).

    Markenrechtsverletzung durch Google Ads

    Wer in Google Ads markenrechtliche Begriffe nutzen möchten, z.B. als Keywords, muss die vom EuGH und BGH aufgestellten Grundsätze und den "Erschöpfungsgrundsatz" beachten.

    Am 22.01.2009 hat der Bundesgerichtshof in drei Fällen zu der Frage entschieden, ob die Verwendung von marken- oder kennzeichenrechtlich geschützten Google-Adword-Keywords eine Markenrechtsverletzung oder eine Unternehmenskennzeichen verletzung ist. In den ersten beiden Fällen gingen die Klägerinnen aus einer eingetragenen Marke vor, die allerdings im zweiten Fall zugleich die gekennzeichneten Waren beschrieb. Im dritten Fall ging die Klägerin aus ihrem Unternehmenskennzeichen (Firmennamen) vor.

    Als Marke geschützte Keywords in Adwords - "bananabay"

    Im ersten Verfahren (Az. I ZR 125/07 - Bananabay) hatte die beklagte Anbieterin von Erotikartikeln bei Google das Keyword "bananabay" angegeben. "Bananabay" ist für die Klägerin, die unter dieser Bezeichnung ebenfalls Erotikartikel im Internet vertreibt, als Marke geschützt. Ist eine als Schlüsselwort benutzte Bezeichnung – wie in diesem Fall – mit einer fremden Marke identisch und wird sie zudem für Waren oder Dienstleistungen benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die die fremde Marke Schutz genießt, liegt eine Markenrechtsverletzung wenn die Verwendung der geschützten Bezeichnung als Schlüsselwort eine Benutzung als Marke ("markenmäßige Benutzung") ist. Die Bestimmungen des deutschen Markenrechts zum Schutzumfang von eingetragenen Marken beruht auf harmonisiertem europäischen Recht, nämlich auf der europäischen Markenrechtsrichtlinie (MRRL). Deshalb hatte der Bundesgerichtshof dem Europäischen Gerichtshof diese Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt (siehe unten).

    Beschreibende Keywords in AdWord-Anzeigen - "PCP-POOL"

    Im zweiten Verfahren (Az. I ZR 139/07 - PCB-POOL) standen sich zwei Unternehmen gegenüber, die über das Internet Leiterplatten anbieten. Für die Klägerin war die Marke "PCB-POOL" geschützt. Der Beklagte hatte bei Google als Schlüsselwort die Buchstaben "pcb" angemeldet, die von den angesprochenen Fachkreisen als Abkürzung für "printed circuit board" (englisch für Leiterplatte) verstanden werden. "PCP" ist damit eine glatt beschreibende Bezeichnung und damit als Marke eigentlich nicht schutzfähig. Die Adword-Anmeldung von "pcb" hatte zur Folge, dass auch bei Eingabe von "PCB-POOL" in die Suchmaschine von Google in dem gesonderten Anzeigenblock neben der Trefferliste eine Anzeige für Produkte des Beklagten erschien. Der BGH hat in diesem Fall die Klage abgewiesen. Der Markeninhaber kann in der Regel die Verwendung einer beschreibenden Angabe (hier "pcb") auch dann nicht untersagen, wenn sie markenmäßig benutzt und dadurch die Gefahr einer Verwechslung mit der geschützten Marke begründet wird. Der BGH hat in diesem Fall eine markenrechtlich erlaubte beschreibende Benutzung angenommen. Da eine Kennzeichenverletzung schon aus diesem Grund zu verneinen war, kam es auf die in dem Verfahren I ZR 125/07 dem Europäischen Gerichtshof vorgelegte Rechtsfrage nicht mehr an.

    Unternehmenskennzeichen als Adword-Keyword - "Beta Layout"

    Im dritten Verfahren (Az. I ZR 30/07 - Beta Layout) ging es um die Benutzung eines Unternehmenskennzeichens. Hier war ebenfalls die Klägerin des zweiten Verfahrens – beteiligt. Sie führt die Unternehmensbezeichnung "Beta Layout GmbH" . Hier ging es darum, dass ein anderer Wettbewerber bei Google als Schlüsselwort die Bezeichnung "Beta Layout" hinterlegt hatte. Auch in diesem Fall erschien immer dann, wenn ein Internetnutzer bei Google als Suchwort "Beta Layout" eingab, neben der Trefferliste ein Anzeigenblock mit einer Anzeige für die Produkte des Wettbewerbers. In diesem Fall hat der Bundesgerichtshof die Entscheidung des Berufungsgerichts bestätigt, das eine Verletzung der Unternehmensbezeichnung und einen entsprechenden Unterlassungsanspruch mit der Begründung verneint hatte, es fehle an der für die Verletzung der Unternehmensbezeichnung erforderlichen Verwechslungsgefahr. Der Internetnutzer nehme nicht an, dass die in dem gesonderten Anzeigenblock neben der Trefferliste erscheinende Anzeige von der Beta Layout GmbH stamme. Diese tatrichterliche Feststellung des Verkehrsverständnisses war nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht zu beanstanden. Da der Schutz der Unternehmensbezeichnungen anders als der Markenschutz nicht auf harmonisiertem europäischem Recht beruht, kam in diesem Verfahren eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nicht in Betracht.

    Auch der EuGH (Entscheidung vom 23.3.2010, verbundene Rechtssachen Az. C-236/08, 237/08, 238/08) ist der Auffassung, dass ein Zeichen als Keyword dann markenmäßig benutzt wird und damit eine Markenrechtsverletzung vorliegt, wenn durch die Adword-Anzeige der Eindruck erweckt wird, zwischen dem Adwords-Inserenten und dem Markeninhaber könne eine wirtschaftliche Verbindung bestehen.

    Dementsprechend hatte der BGH in seiner Entscheidung "Bananabay II" vom 13.01.2011, Az. I ZR 125/07 festgestellt,

    dass eine Benutzung einer fremden Marke und damit eine Markenrechtsverletzung dann nicht vorliegt, wenn die Marke weder in der Anzeige selbst erscheint, noch die Adwords-Anzeige einen Hinweis auf den Markeninhaber oder seine Produkte enthält und auch die Domain keinen solchen Hinweis enthält.

    BGH Urteil vom 13. Dezember 2012 - I ZR 217/10 – MOST-Pralinen

    Markenrechtlich geschützte Keywords sind auch bei beschreibender Domain erlaubt.

    Der Fall: Die Klägerin hat Rechte aus der deutschen Marke "MOST", eingetragen für Pralinen, geltend gemacht. Sie betrieb unter der Internetadresse "www.most-shop.com" einen "MOST-Shop". Darin verkaufte sie Konfiserie- und Schokoladenprodukte. Die Beklagte vertrieb unter "www.feinkost-geschenke.de" Geschenke, Pralinen und Schokolade. Sie schaltete im Januar 2007 Adwords-Anzeigen für ihren Internetshop. Als Schlüsselwort ("Keyword") hatte sie den Begriff "Pralinen" gewählt mit der Option "weitgehend passende Keywords".

    Die Anzeige erschien daher auch nach Eingabe des Suchbegriffs "MOST Pralinen". Die Anzeige sah aus, wie oben abgebildet. Über den in der Anzeige angegebenen Link "www.feinkost-geschenke.de" gelangte man auf die Homepage der Beklagten. In dem Onlineshop der Beklagten wurden keine Produkte mit dem Zeichen "MOST" vertrieben.

    Die Klägerin war der Ansicht, die Beklagte habe durch die Schaltung der Anzeige das Recht an der Marke "MOST" verletzt. Sie hat die Beklagte unter anderem auf Unterlassung in Anspruch genommen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung blieb erfolglos. Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

    Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 - I ZR 125/07, GRUR 2011, 828 - Bananabay II; Urteil vom 13. Januar 2011 - I ZR 46/08, MMR 2011, 608) bestätigt: Beim "Keyword-Advertising" ist eine Markenrechtsverletzung ausgeschlossen, wenn die Werbung - wie im Streitfall - in einem von der ("natürlichen") Trefferliste eindeutig getrennten und entsprechend gekennzeichneten Werbeblock (die "AdWords"-Anzeigen) erscheint und selbst weder die Marke noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder die unter der Marke angebotenen Produkte enthält.

    Dies gilt auch dann, wenn die Anzeige nicht auf das Fehlen einer wirtschaftlichen Verbindung zwischen dem Werbenden und dem Markeninhaber hinweist und in der Anzeige Produkte der unter der Marke angebotenen Art mit Gattungsbegriffen bezeichnet werden (im Streitfall "Pralinen" usw.). Diese Beurteilung steht - so der BGH - in Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH (zuletzt EuGH, Urteil vom 22. September 2011 - C-323/09, GRUR 2011, 1124 - Interflora/M&S Interflora Inc.). Danach ist es Sache des nationalen Gerichts, die Frage der Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion anhand der vom Gerichtshof entwickelten Maßstäbe unter Berücksichtigung aller Faktoren, die es für relevant erachtet, zu prüfen. Der BGH hat deshalb auch im Blick auf die Rechtsprechung des österreichischen Obersten Gerichtshofs (GRUR Int. 2011, 173, 175 - BergSpechte II) und der französischen Cour de cassation (GRUR Int. 2011, 625 - CNRRH), die bei der Beurteilung von Adwords-Anzeigen unter Berücksichtigung der von ihnen als relevant erachteten Faktoren zu anderen Ergebnissen gelangt sind, keine Vorlage an den EuGH für geboten erachtet.

    Google Ads und bekannte Marken - EuGH v. 22.9.2011, C-323/09 – Interflora Inc. u.a. /Marks & Spencer plc u. a.

    In dem der Entscheidung EuGH vom 22.09.2011, C-323/09, Interflora Inc u.a. / Marks & Spencer plc u.a. zu Grunde liegenden Sachverhalt ging es um Folgendes:

    Marks & Spencer plc, im Vereinigten Königreich einer der bedeutendsten Einzelhändler, betrieb einen Blumenlieferdienst und schaltete hierfür Adwords-Anzeigen, wie oben abgebildet. Als Auslöser der Anzeigen hatte Marks & Spencer u.a. das Keyword „interflora“ gebucht. Die Bezeichnung „Interflora“ selbst erschien in der AdWords-Anzeige nicht. „Interflora“ ist sowohl als britische Marke, als auch als Gemeinschaftsmarke registriert und hat darüber hinaus im Vereinigten Königreich und in anderen Mitgliedsstaaten der EU nach den Feststellungen des EuGH „einen hohen Bekanntheitsgrad“ (Rz. 16). Der Markeninhaber, die Interflora Inc. (u.a.), klagte auf Unterlassung. Der EuGH führte zur Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke aus (Rz. 50):

    In diesem Kontext setzen sich, wie in Randnr. 44 des vorliegenden Urteils ausgeführt, die maßgeblichen Verkehrskreise aus normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzern zusammen. Somit reicht der Umstand, dass einige Internetnutzer möglicherweise nur schwer erkennen konnten, dass der von M & S angebotene Dienst nichts mit dem von Interflora zu tun hat, nicht aus, um eine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion festzustellen.

    Zur Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft einer bekannten Marke stellte der EuGH in dieser Entscheidung fest (Rz. 95):

    Dagegen darf der Inhaber einer bekannten Marke es u. a. nicht verbieten, dass Mitbewerber anhand von dieser Marke entsprechenden Schlüsselwörtern eine Werbung erscheinen lassen, mit der, ohne eine bloße Nachahmung von Waren oder Dienstleistungen des Inhabers dieser Marke anzubieten, ohne eine Verwässerung oder Verunglimpfung herbeizuführen und ohne im Übrigen die Funktionen der bekannten Marke zu beeinträchtigen, eine Alternative zu den Waren oder Dienstleistungen ihres Inhabers vorgeschlagen wird.

    Selbst der Inhaber einer kennzeichnungsstarken, weil bekannten Marke kann demnach anderen die Benutzung von gleichlautenden Schlüsselwörtern nicht verbieten, wenn es sich  bei den beworbenen Produkten nicht um Nachahmungen handelt, eine Verwässerung  nicht herbeigeführt und die übrigen Markenfunktionen nicht beeinträchtigt werden.

    Eine Marke als Keyword zu buchen, ist nach Ansicht des EuGH grundsätzlich eine Markenbenutzung und zwar auch dann, wenn die Marke in der Anzeige selbst nicht erscheint. Aber: Damit eine Markenrechtsverletzung vorliegt, muss nach Ansicht des EuGH zusätzlich eine der Markenfunktionen (Herkunftsfunktion, Werbefunktion, Investitionsfunktion) beeinträchtigt sein. Diese Markenfunktionen sah der EuGH in dem zu entscheidenden Fall als nicht verletzt an. Ob eine Markenrechtsverletzung vorliegt hängt nach dem EuGH davon ab, wie die Anzeige gestaltet ist. Sie liegt vor, wenn

    • ein normaler Internetnutzer nur schwer erkennen kann, ob die Produkte vom Markeninhaber oder einem verbundenen Unternehmen stammen, oder aber von einem Dritten

    • die AdWords-Anzeige so vage gehalten ist, dass der normale Internetnutzer nicht erkennen kann, ob der Werbende mit dem Markeninhaber verbunden ist.

    Das heißt: In aller Regel liegt keine Markenverletzung vor, wenn die Marke zwar als Keyword gebucht (oder in Folge der Keyword-Option „weitgehend passende Keywords“ die Marke von Google selbst als Auslöser der Anzeigenschaltung gewählt wurde), aber in der Anzeige selbst nicht sichtbar ist. Auch bei Unternehmenskennzeichen gilt, dass eine Verletzung ausscheidet, wenn das Unternehmenskennzeichen in der Anzeige selbst nicht sichtbar ist (BGH I ZR 30/07 – Beta Layout).

    Der besondere Fall: BGH "Fleurop" - Verwechslungsgefahr aufgrund des Vertriebssystems

    Ein Blumenversender namens „Blumenbutler“ warb mit der abgebildeten Google-AdWord-Anzeigen. Als anzeigenauslösendes Keyword wurde „Fleurop“ gewählt. Fleurop sah darin eine Verletzung ihrer Marke „Fleurop“, eingetragen unter anderem für Blumen. Konkret sei die Herkunftsfunktion verletzt. Ob dies tatsächlich der Fall ist, prüft der BGH in zwei Stufen: Zunächst fragt er, ob ein normaler Internetnutzer wisse, dass der Werbende und der Markeninhaber nicht wirtschaftlich miteinander verbunden, sondern Wettbewerber seien. Wenn ein solches Wissen fehle, müsse geprüft werden, ob die AdWords-Anzeige erkennen lasse, dass die beworbenen Produkte weder vom Markeninhaber noch von einem mit diesem verbundenen Unternehmen stamme.

    Die „besonderen Umstände“ des Falls: Das besondere Vertriebssystem von Fleurop - „Blumenbutler“ suggeriert Blumenversand als Partnerunternehmen

    Zumindest das Letztere nahm der BGH hier an: Das Vertriebssystem von Fleurop besteht aus ca. 8.000 Partnergeschäften. Die in einem Partnerunternehmen bestellten Blumen können durch ein anderes Partnerunternehmen an einem anderen Ort ausgeliefert werden. Vor diesem Hintergrund könne man annehmen, dass der „Blumenbutler“ eben ein Partnerunternehmen von Fleurop sei. Denn „Blumenbutler“ könne als „humorige Umschreibung eines Blumenversands“ verstanden werden. Deshalb läge hier eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke „Fleurop“ vor.

    Keine Änderung der werbefreundlichen AdWords-Rechtsprechung

    Das Urteil änderte die an sich werbefreundliche Rechtsprechung des BGH nicht. Die besonderen Umstände des Falls lassen sich nicht verallgemeinern.

    Das Urteil im Volltext: BGH v. 27.6.2013, I ZR 53/12 – Fleurop

    Nutzung von Marken in Domain und Google Ads durch einen Wiederverkäufer - BGH v. 28.6.2018, I ZR 236/16 – keine-vorwerk-vertretung

    Ein Onlinehändler für gebrauchte Vorwerk-Staubsauger und Vorwerk-Zubehör hatte seinen Onlineshop unter der Domain „keine-vorwerk-vertretung.de“ konnektiert. In seinem Onlineshop bot er außerdem auch Zubehör anderer Marken an. Er schaltete die abgebildete Google-Ad. Der Kläger behauptete, dies sei eine Verletzung der bekannten Marke "Vorwerk". Der Beklagte berief sich auf den Erschöpfungsgrundsatz: Da die angebotenen Waren mit Zustimmung des Markeninhabers in der EU verkauft worden waren, sei das Markenrecht für den Weitervertrieb „erschöpft“. Die Ware habe daher auch in der Werbung benutzt werden dürfen.

    In seiner AIDOL-Entscheidung hatte der BGH eine Erschöpfung nur für solche Internetseiten angenommen, auf denen auch Originalprodukte angeboten werden. Dies hat der BGH nun für die Situation von Wiederverkäufern, die neben Originalwaren auch Produkte anderer Hersteller vertreiben, relativiert: In diesen Fällen kommt es darauf an, ob berechtigte Interessen des Markeninhabers gewahrt bleiben. Denn ein Wiederverkäufer für Produkte mehrerer Marken muss diese Marken ja benutzen, um auf sein Geschäft hinzuweisen. Auch hier nahm der BGH eine Erschöpfung an. Die Marke „Vorwerk“ habe zulässigerweise auch in der Adwords-Anzeige benutzt werden dürfen, auch wenn in dem Onlineshop auch andere Produkte, als Original-Vorwerk-Produkte, beworben wurden. Der BGH zweifelte aber auch hier, ob der Markeninhaber sich nach § 24 II MarkenG gegen die Benutzung der Bezeichnung aus berechtigten Gründen wehren konnte. Der BGH tendierte dazu, die Nutzung der Marke in der Google-Ad als unzulässig anzusehen und hatte den Fall an das OLG Köln zurückverwiesen. Das OLG Köln ist dem gefolgt: Die angesprochenen Verkehrskreise würden die Hinweise auf der Internetseite des Beklagten so verstehen, dass unter den Marken "Kobold" und "Tiger" allein Originalprodukte der Klägerin angeboten würden (OLG Köln v. 21.06.2021 - I-6 U 131/15 - keine-Vorwerk-Vertretung II).


    Lesen Sie hier mehr zur Entscheidung BGH v. 28.6.2018, I ZR 236/16 - keine-vorwerk-vertretung


    Irreführende Google Ads

    Wer in einer Google Ad (früher: Adwords) eine Marke in den Verzeichnispfad aufnimmt, handelt irreführend, wenn auf der Landing Page überwiegend Produkte anderer Marken angeboten werden. Es ist beispielsweise eine irreführende geschäftliche Handlung, wenn man in eine Google Ad

    „www.example.com/Post-It“

    aufnimmt und auf der Landing Page tatsächlich nur 5 Artikel der Marke Post-It angeboten werden, aber 55 Haftzettel anderer Marken (OLG Frankfurt v. 02.02.2017 - 6 U 209/16 - Irreführung durch Aufnahme einer Marke in die Subdomain einer „google“-Anzeige)

    Markenrechtsverletzung durch Suchmaschinenoptimierung (SEO)

    Der Browsertitel - definiert im Title Tag

    Der Browsertitel einer Internetseite wird im HTML-Title Tag definiert und von jeder Suchmaschine gelesen. Er gilt als ein wichtiger Faktor bei der Suchmaschinenoptimierung. Google zieht den Title Tag oft auch als Bestandteil des Titels in den Suchergebnis-Kurztexten („Snippets“) heran. Keywords sind daher im Title Tag zur Suchmaschinenoptimierung beliebt. Fremde Marken oder Unternehmenskennzeichen (z.B. Firmennamen) werden dort gerne platziert, besonders, wenn diese Bezeichnungen bekannt und populär sind oder man die Marken selbst vertreibt. Portale und Plattformen leben davon, Traffic für populäre Marken und Unternehmen anzuziehen. Sie tun das regelmäßig auch, indem Sie diese Begriffe in die Title Tags einbauen. Das ist gefährlich.

    Ausgangspunkt der Rechtsprechung für die Frage nach einer Verletzung von Marken oder Kennzeichen: Schon das Snippet, nicht erst die verlinkte Internetseite!

    Die Frage, ob eine Rechtsverletzung schon anhand des kurzen Snippets, die Rechtsprechung spricht von „Trefferliste“, zu beurteilen ist, oder ob erst die dort unter einem Link anzuklickende vollständige Internetseite maßgeblich ist, ist längst entschieden. Im Grundsatz hat die Rechtsprechung in den Fällen, in denen es um rechtsverletzende Metatags ging, auf die Snippets abgestellt. Darauf, dass durch den Inhalt der dann anzuklickenden Internetseite eine kennzeichenrechtliche Verwechslungsgefahr ausgeräumt wird, kommt es nicht an (BGH Urteil v. 18.5.2006 – I ZR 183/03 – Impuls; BGH Urteil v. 8.2.2007 – I ZR 77/04 – AIDOL). Das wird genauso bei den Title Tags angenommen (OLG Frankfurt am Main, Beschluss v. 3.3.2009 – 6 W 29/09; OLG Frankfurt am Main, Urteil v. 10.1.2008 – 6 U 177/07). Entscheidend für die Frage nach einer rechtsverletzenden Benutzung von Marken und Unternehmenskennzeichen ist also das Suchergebnis-Snippet. Den Inhalt der dort verlinkten Internetseite selbst hält die Rechtsprechung für irrelevant.

    Fremde Marken in Title Tags  - der „Erschöpfungsgrundsatz“ im Markenrecht

    Fremde Marken in den Title Tag aufzunehmen, ist ohne Zustimmung des Markeninhabers grundsätzlich eine Markenrechtsverletzung, wenn sich die für die Marke geschützten Waren und die auf dem Suchergebnis-Snippet angebotenen Waren zumindest ähneln (BGH Urteil v. 4.2.2010 – I ZR 51/08 – POWER BALL).

    Eine fremde Marke in den Title Tag aufzunehmen, ist nach dem sog. „Erschöpfungsgrundsatz“ aber dann erlaubt, wenn Waren der Marke tatsächlich auf eben dieser Internetseite (vgl. BGH Urteil v. 8.2.2007 – I ZR 77/04 – AIDOL) angeboten werden. Dann sind die Rechte des Markeninhabers „erschöpft“. Voraussetzung: Die dort angebotene Ware wurde mit Zustimmung des Markeninhabers erstmals innerhalb der EU verkauft. Hat der Markeninhaber die Ware aber z.B. zuerst in den USA an einen Grauhändler verkauft und verkauft dieser ohne Zustimmung des Markeninhabers die Ware an einen weiteren Händler in der EU,  ist der Weitervertrieb verboten (z. B. BGH vom 15.3.2012 I ZR 137/10 – CONVERSE II). Weitere Voraussetzung der Erschöpfung: Es darf nicht der falsche Eindruck erweckt werden, man stünde in einer besonderen Geschäftsbeziehung zum Markeninhaber, z. B. als Vertragshändler (vgl. BGH Urteil v. 7.11.2002 – I ZR 202/00 – Mitsubishi). Wenn also die Marke im Title Tag mit dem Begriff „Online-Shop“ kombiniert wird (z.B. „LEVI’S ONLINE SHOP), wäre das unzulässig. Denn dadurch würde fälschlich suggeriert, man sei Vertragshändler des Markeninhabers oder stünde als Betreiber des Online-Shops des Markeninhabers in einer besonderen Geschäftsbeziehung.

    Erlaubte Markennennung nach § 23 Nr. 1 und 2 MarkenG /Art. 14 Unionsmarkenverordnung (UMV)

    Erlaubt ist auch die Benutzung markenähnlicher oder markenidentischer Begriffe zur Produktbeschreibung. Beispielsweise ist „pcb“ als gängige Abkürzung für „printed circuit board“, (=Leiterplatte) keine Verletzung der Marke „PCB-POOL“, BGH v. 22.1.2009 I ZR 139/07- pcb. Das Gleiche gilt für handelsübliche beschreibende Angaben oder in der zulässigen (d. h., wenn gerade keine Kennzeichenverletzung vorliegt – BGH v. 4.2.2010 - POWER BALL) vergleichenden Werbung. Marken dürfen ebenfalls genannt werden, wenn dies zur Beschreibung von Ersatzteilen notwendig ist.

    Fremde Firmennamen („Unternehmenskennzeichen“) im Title Tag

    Auch fremde Firmennamen (Unternehmenskennzeichen) in einen Title Tag aufzunehmen, ist grundsätzlich eine Unternehmenskennzeichenverletzung, wenn die sich gegenüberstehenden Bezeichnungen und die sich gegenüberstehenden Branchen zumindest ähneln. Als Unternehmenskennzeichen geschützt ist eine Bezeichnung an sich nur gegenüber der Verwendung für zumindest ähnliche Branchen. Außerhalb der Branchenähnlichkeit ist die Bezeichnung aber als Name geschützt, wenn Sie identisch oder „nahezu identisch“ benutzt wird und dabei eine „Zuordnungsverwirrung“ entsteht (BGH, Urteil v. 9.11.2011 – I ZR 150/09 – Basler Haar-Kosmetik). Gemeint ist damit eine Verwirrung über den Namensträger.

    Dabei soll es nach der Rechtsprechung ausreichen, wenn der Firmenname als „Lotse“ dient, d. h. dazu dient, den Internetnutzer auf die Internetseite desjenigen zu lenken, der den fremden Firmennamen im Browsertitel benutzt (OLG Hamburg, Urteil v. 2.3.2010 – 5 W 17/10). Es reicht für eine Unternehmenskennzeichenverletzung also aus, wenn in dem Snippet des Suchmaschinenergebnisses die gleichen Leistungen erscheinen, wie sie auch der Inhaber des Unternehmenskennzeichens anbietet und dadurch der Internetnutzer diese Angebote verwechselt. Auf den Inhalt der jeweiligen Internetseite selbst kommt es dann nicht mehr an (BGH Urteil v. 18.5.2006 – I ZR 183/03 – Impuls; OLG Frankfurt am Main, Urteil v. 10.1.2008 – 6 U 177/07).

    Disclaimer verhindern Rechtsverletzung nicht

    Für die Beurteilung, ob ein Title Tag eine fremde Marke oder ein Unternehmenskennzeichen verletzt, stellt die Rechtsprechung nicht auf die betreffende Internetseite, sondern auf das Suchergebnis-Snippet ab. Ein Disclaimer (etwa: „Der Inhaber dieser Website steht in keiner Geschäftsbeziehung zum Inhaber der Marke X oder dem Unternehmen Y“) auf der Internetseite selbst kann daher eine Rechtsverletzung nicht mehr abwenden. Denn ob eine Suchmaschine den Title Tag unverändert übernimmt, ist ja ungewiss. Verletzt nun ein solches Snippet fremde Marken oder Unternehmenskennzeichen, kann sich derjenige, der einen Disclaimer im Title Tag eingefügt hat, nicht darauf berufen, er habe keinen Einfluss auf das von Google zusammengestellte Snippet. Wer bestimmte Keywords in den Title Tag aufnimmt, für den sind diese Keywords eigene Informationen und nicht solche der Suchmaschine. Man haftet hierfür uneingeschränkt (BGH Urteil v. 4.2.2010 – I ZR 51/08 – POWER BALL). Der marken- und kennzeichenrechtliche Unterlassungsanspruch und auch der Auskunftsanspruch setzt ohnehin kein Verschulden voraus.

    Markenrechtsverletzung durch Domain

    Markenrechtsverletzung nur bei konnektierten Domains

    Auch die Nutzung einer Domain kann eine Marke verletzen. Voraussetzung der Verletzung einer Marke durch eine Domain ist aber, dass die Domain konnektiert ist, also eine Internetseite erreichbar ist, auf der sich ein Unternehmen darstellt und/oder Produkte beworben werden. Die bloße Registrierung einer Domain, die nicht konnektiert ist, kann keine Marke verletzen, weil ein Bezug zu einem Produkt oder einem Unternehmen fehlt. In solchen Fällen ist aber eine Verletzung des Namensrechts durch eine Domain denkbar.

    Wer eine Domain für eine Website nutzen möchte, muss also prüfen, ob er dadurch nicht fremde Marken oder Unternehmenskennzeichen verletzt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Domain ein Unternehmenkennzeichnen soll (was meistens der Fall sein wird) oder aber konkrete Produkte auf der Website. Denn der Inhaber einer Marke oder eines Unternehmenskennzeichens kann sich sowohl gegen eine unternehmensmarkierende („unternehmenskennzeichenmäßige“), als auch produktmarkierende („markenmäßige“) Nutzung seines geschützten Zeichens wehren. Das Gleiche gilt, wenn die Domain die auf der Website angebotenen Produkte kennzeichnet (siehe § 14 III Nr. 5 MarkenG bzw. Art. 9 III d) UMV). Besonders bei Dienstleistungen kennzeichnet eine Domain oft sowohl das Unternehmen, als auch die angebotenen Produkte.

    Beispiel: Eine Musikschule bot unter der Domain „musikschule-pelikan.de“ Musikunterricht an. Die einzelnen Dienstleistungen (Akkordeon, Blechinstrumente, E-Bass usw.) wurden auf der Homepage in einer Spalte unter der Überschrift „Unser Angebot“ dargestellt. Dies verletzte die Marke „Pelikan“, eingetragen u. a. für Lehrmittel. Denn die Domain kennzeichnete nicht nur die Musikschule sondern zugleich auch deren auf der Homepage aufgeführten Dienstleistungen ((BGH v.19.4.2012 - I ZR 86/10 - Pelikan).

    Ein Domainparking kann für eine Markenrechtsverletzung ausreichen. Die Domain muss sich aber auf der konnektierten Domain-Parking-Seite auf die dort angebotenen Waren oder Dienstleistungen beziehen. Nach der Rechtsprechung reicht es dabei aus, wenn auf der betreffenden Internetseite beispielsweise der Hinweis „gesponserte Links zum Thema ...“ erscheint, dabei die betreffende Marke genannt wird und die Links zu vergleichbaren Produkten anderer Anbieter führen (BGH, Urteil v. 18.11.2010 – I ZR 155/09 Sedo).

    Kein "Schlechthin-Verbot" bei Markenrechtsverletzung durch Domain

    Wer durch eine Domain in seinem Markenrecht verletzt wird, kann nicht „schlechthin“, d.h. in jeder denkbaren Art, die Nutzung der Domain verbieten lassen (z.B. BGH Urteil v. 18.12.2008 – I ZR 200/06 – Augsburger Puppenkiste). Ebensowenig kann er die Löschung oder gar Übertragung der Domain auf sich selbst verlangen. Er kann dem Domaininhaber nur gerichtlich verbieten lassen, die Domain genau so zu benutzen, wie sie seine Marke verletzt. Der Domaininhaber muss also grundsätzlich die markenrechtsverletzende Domain nicht auf den Rechtsinhaber übertragen und auch nicht löschen (BGH Urteil v. 9.11.2011 – I ZR 150/09 – Basler Haar-Kosmetik).

    Ausnahme: Namensrechtsverletzung durch Domain

    Etwas anderes gilt bei einer Namensrechtsverletzung durch eine Domain. Hier gibt es einen Löschungsanspruch.

    Konsequenzen einer Markenrechtsverletzung

    Unterlassungsanspruch und Schadenersatzanspruch

    Wer die Marke eines andere verletzt, kann nach § 14 II MarkenG bzw. Art. 9 II UMV auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Dieser Anspruch wird in der Praxis außergerichtlich durch eine Abmahnung wegen Markenrechtsverletzung und gerichtlich mit einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung oder durch eine Klage geltend gemacht. Außerdem steht dem verletzten Markeninhaber (aber nicht dem Markenlizenznehmer) Schadenersatz zu.

    Eine Art, einen Schaden im Markenrecht den Schaden gegenüber dem Rechtsverletzer zu berechnen, ist die sog. "Lizenzanalogie" oder nach dem Verletzergewinn. Hierfür braucht er die Angaben des Verletzers. Zu diesem Zweck gewährt das Gesetz dem Verletzten auch eine  Auskunftsanspruch (hierzu unten). Wenn der Verletzte seinen Schaden nach der Lizenzanalogie berechnet, kann er vom Verletzer seine (fiktiven) entgangenen Lizenzzahlungen auch nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung verlangen. Für diesen Anspruch kommt es ebenso wenig wie für den Unterlassungsanspruch auf ein Verschulden an. Ungerechtfertigt bereichert ist der Verletzer um die ersparten Lizenzgebühren (BGH GRUR 2001, 1156 - Der grüne Punkt).

    Auskunftsanspruch bei Markenrechtsverletzung

    Neben den Ansprüchen auf Unterlassung und Schadensersatz steht dem Inhaber einer Marke ein Auskunftsanspruch zu. Dieser soll dem Verletzten vor allem helfen, seinen durch die Rechtsverletzung erlittenen Schaden zu beziffern (sog. "akzessorischer Auskunftsanspruch"). Außerdem soll bei einer Verletzung eines gewerblichen Schutzrechts die Lieferantenkette, und den Vertriebsweg der markenrechtsverletzenden Ware offengelegt werden ("selbständiger Auskunftsanspruch").

    Lesen Sie hier: Inhalt und Umfang des Auskunftsanspruchs bei Markenrechtsverletzungen

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